Full text: Wirtschaftlichkeitslehre

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atwa durch Erwerb von Kleinaktien, werden. Der Nationale Verband 
jer Gewerkschaften empfahl (1920) ebenfalls die Arbeiteraktie und 
schlug vor, um das Argument, die Aktie verstöße gegen die Frei- 
zügigkeit, zu entkräften, Aktien einer ganzen Betriebsgruppe aus- 
zugeben; aber es genügt, wenn der Arbeiter das Verkaufsrecht, 
gegebenenfalls mit Voranbot an die Gesellschaft, hat; außerdem 
würde dann nicht das so wertvolle Interesse des Arbeiters an 
seinem Betriebe geweckt. Die christlichen Gewerkschaften und die 
deutschen Gewerkschaften sind (1921) rückhaltlos für die Arbeiter- 
aktie eingetreten; es wurde auch die günstige Wirkung vom Stand- 
punkte der Kapitalsbildung betont und empfohlen, die Aktien auf 
Namen auszustellen, um ihren Aufkauf durch die Großaktionäre zu 
verhindern. Auch die deutschdemokratische Partei, bzw. Abgeordneter 
Erkelenz befürwortete (1921) warm die Beteiligung. Man brauche 
ein modernes Rechten- und Pflichtenverhältnis; die heutigen Besitz- 
verhältnisse seien nichts Unabänderliches; die Arbeiter sollen im 
Betriebe nicht bloß mitreden, sondern auch Miteigentümer werden. 
Dr. Silverberg verwies (1922) zunächst auf den großen Geldbedarf 
der Produktion; viele frühere Kapitalsbesitzer seien nicht mehr da 
oder ihr Besitz sei stark entwertet, dagegen hätte sich das Ein- 
kommen aus der Arbeit verbreitert, daher sollten diese Kreise mehr 
als bisher zur Bildung von Kapital und zur Beteiligung an Unter- 
nehmungen herangezogen werden. Die Kleinaktie müsse aber jeden 
Charakter einer Fürsorge- oder Sparaktion wie in der früheren Zeit 
vermeiden. Das Handelsgesetz biete schon jetzt die Möglichkeit der 
Ausgabe von Kleinaktien, in welchem Sinne sich auch der Deutsche 
Juristentag (1921) aussprach. Die Betriebsräte allein seien nicht 
genügend, ja sie könnten nachteilig für den Betrieb wirken, wenn 
die Arbeiter nicht auch durch Kapital am Unternehmen beteiligt, 
A. h. daran auch materiell interessiert sind. 
Die Wirtschaft in Europa wird in der Tat kaum eine andere 
Wahl haben als zwischen dem Prinzip des sowjetistischen Ruß- 
ands, dem Faszismus Italiens (der aber mit seinem Zwangscharakter 
auch nicht zusagt, in socialibus übrigens — vgl. die carta di lavoro 
vom 21. April 1927 — nicht Neues bringt) und der friedlichen 
Sozialisierung nach entsprechend adaptiertem amerikanischem 
Muster; auch die europäischen Arbeitervertreter sollten sich nicht 
änger, kurzsichtig oder aus Dogmatismus, dieser Erkenntnis ver- 
schließen.
	        
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