Full text: Reparations-Sabotage durch die Weltwirtschaft

22 Die Unmöglichkeit des Ausgleichs von Zahlungsbilanzsalden. 
mit Kaufen warten kann, als Nachfrage zurück, wenn er der Hoffnung sein darf, 
später billiger ankommen zu können. In London äußert sich dieselbe Marktlage 
umgekehrt, ‚großes Angebot von Mark läßt den Kurs fallen. Englische Banken, 
welche Mark schulden, beeilen sich, die erforderlichen Beträge zu dem gesunkenen 
niedrigen Kurse zu erwerben. Wer Markbestände besitzt, sucht darauf sitzen zu 
bleiben, d. h. er verkauft nur das allernotwendigste, wenn er der Hoffnung sein. darf, 
später die Bestände zu günstigeren Kursen abstoßen zu können; das bedeutet rela- 
tive Zurückhaltung des Angebots. Im ganzen werden so hüben und drüben die 
Jetzten Reservekräfte mobil gemacht, was bremsend auf die Kursbewegung wirkt. 
Statt mit effektiver Nachfrage in Berlin und effektivem Angebot in London zurück- 
zuhalten in der Hoffnung auf demnächstige Kursänderung, kann man von der 
erhofften Kursänderung durch Blankogeschäfte am Terminmarkt profitieren. Wer 
der Meinung ist, verkauft in Berlin Pfunde leer auf Termin oder kauft in London 
Mark auf Termin. Solche Geschäfte wirken bremsend auf den Terminpreis für 
Devisen. Im ganzen sind es Bremsvorgänge, welche auf allen Märkten und für 
alle Artikel bei Preisbewegungen nach oben oder unten auftreten; ihre Wirkung 
ist mehr palliativartig bzw. vorübergehend, soweit es sich um die Berücksichtigung 
der künftigen Kursentwicklung handelt. Trotzdem ist die Erscheinung hier zu er- 
wähnen, erstens der Vollständigkeit des Systems halber und zweitens um zu zeigen, 
wie bei bedrohlicher Kursentwicklung auch die geringste Möglichkeit zur Gegen- 
wirkung mobil gemacht wird. Natürlich gilt dies nur für normale Verhältnisse 
und nicht für katastrophale Entwicklungen, wie sie etwa für eine Inflation anzu- 
nehmen sind. Auf die umgekehrte Wirkung, welche eine Änderung auszulösen 
vermag, sowie auf die besondere Wirkung der Termingeschäfte ist noch näher ein- 
zugehen. 
Wichtiger ist eine andere Erscheinung, bei welcher wir den Leser an die 
frühere Unterscheidung zwischen taktischer und strategischer Bewegung des Wech- 
selkurses erinnern dürfen. Wenn die Mark in London wegen des Passiv-Saldos 
der deutschen Zahlungsbilanz, also wegen eines Überflusses englischer oder an- 
derer Forderungen an Deutschland sinkt, Kurs-Teilstrecke 1—2 oder 2—83, so halten 
die in englischem Besitz befindlichen Markguthaben insofern ihren Wert, als sie 
Zins tragen und der Zins in Deutschland nicht wegen des passiven Zahlungsbilanz- 
saldos kleiner zu werden braucht, er kann gleich bleiben oder sogar steigen. 
Natürlich kann der Zins in Deutschland auch bei dieser Situation fallen; dann 
hätten wir parallelen. Verlauf von Wechselkurs- und Diskontdifferenzbewegung, die 
früher so genannte taktische und strategische Bewegung des Wechselkurses liefen 
in derselben Richtung. Wenn die damit entstehende Verschlechterung der Mark 
die deutschen Interessen stört, so schafft das bekannte Mittel der Zinserhöhung 
in Deutschland Remedur, d. h. wir kehren damit zu unserer vorstehenden Aus- 
gangssituation. zurück, nämlich fallende Mark bzw. großes Angebot von Markgut- 
haben in London und gleichzeitig gleichbleibender oder steigender Zins in Berlin. 
Ein Käufer solcher Guthaben kauft mithin. für 100 £ Kapitaleinsatz Sowohl bei 
Kurspunkt 1 wie 2 wie 3 je dasselbe Quantum Rente in Pfunden gerechnet, 
während das Quantum Rente pro 100 £ Einsatz in Mark gerechnet natürlich 
immer größer wird, je mehr der Kurs fällt, Englische Kapitalisten, die ihr Geld in 
deutscher Anlage unterbringen wollen, können also jederzeit in das Engagement 
„einsteigen“, sofern. ihnen der Berliner Zins als solcher genügt. Die Ware „deutsche 
Guthaben‘ ist mithin unter diesem Gesichtspunkte gesehen jederzeit in London 
verkäuflich, d. h. jederzeit normale Ware. 
Je mehr der Kurs fällt, Kurspunkt 2 oder gar 3, umso wertvoller wird die
	        
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