Die störende Wirkung der Reparationen für die Empfangsländer. 71
nehmen. Die ihnen die Ersparnisse aus der Hand nehmen, sind etwa obige
Staatslieferanten, die ihrerseits mit den Titres von der Regierung bezahlt wurden
und die — oder die ihnen nachgeschalteten. Personen oder Betriebe — jetzt Besitzer
der französischen Ersparnisse werden. Es sind somit privatwirtschaftliche, pri-
vatjuristische Kapitalrechte in „doppeltem‘‘ Umfang in den Händen französischer
usw. Personen, während die hinter den Ersparnissen stehenden Güter nur in ein-
fachem Umfange vorhanden sind. Aber nicht nur sind sie nur in einfachem Um-
fange vorhanden, sondern sie sind auch bereits von der Regierung verbraucht, es
ist im volkswirtschaftlichen Kreislauf bereits von der Regierung darüber disponiert
worden, während die neuen Eigentümer der französischen usw. Ersparnisse mit
ihren inländischen, in Frankreich vorgenommenen Investierungsdispositionen noch
einmal darüber verfügen,
Normalerweise pflegt in solchem Falle der Zins zu steigen und als Bremse zu
wirken, Hier aber funktioniert die Zinsbremse gegen die Unternehmerdispositionen,
deren Dispositionen durch die vorhergehenden Regierungsdispositionen die Vvor-
handenen Güter übersteigen, deshalb nicht, weil ja nicht zu wenig, sondern zu
viel privatwirtschaftliches, privatjuristisches Kapital, gewissermaßen. in doppeltem
Umfange, vorhanden ist. Infolgedessen ist auch von dieser Betrachtung aus. als
einzige Bremse die Notwendigkeit gegeben, daß alle Preise in den Ententeländern
steigen.
Bei der ungeheuren Bedeutung, welche diese Frage für eine Aufhebung der
Reparationen durch unsere Feinde von gestern und, was zunächst viel
wichtiger ist, für eine Sanierung unserer unmöglichen und wirt-
schaftlich völlig ungerechtfertigten Zinssituation spielt, darf der
weltwirtschaftliche Zusammenhang nochmals schulmäßig und in extenso dargestellt
werden. Erstens wolle der Leser freundlichst den nachstehenden Illustrationen
Nr. 13 bis 15 (Fortsetzung) einige Minuten der Betrachtung widmen.
Illustration 13 unterstellt, daß Deutschland eine größere Reparationssumme
bezahlt und daß der Reparationsagent die Devisen bereits der englischen Regierungs-
kasse überwiesen hat. Die Devisen hatte — pars pro toto — die Firma M.M. War
burg & Co., Hamburg „beschafft“, indem sie bei ihrer befreundeten Firma Baring
Brothers & Co., London, ein Guthaben „kreierte“ und auf dieses Guthaben hin
Jer Reichsbank Pfund-Auszahlung verkaufte. Die Reichsbank lieferte die Auszahlung
an den Agenten und dessen Markguthaben bei ihr an Warburg & Co., die das Geld
an ihre Kunden ausgeliehen haben. Den Stand in den Hauptbüchern dieser Kunden,
den Firmen Warburg und Baring zeigt die Illustration 13, Die Zahlung des Agenten
an die englische Staatskasse ist in 3 Raten a, b, a;eingeteilt und dementsprechend
das Passivum von Baring Brothers & Co. ebenfalls in drei Teile. Die englische
Staatskasse zahlt mit ihren Guthaben bei Baring ihre Staatslieferanten 1a, 1b und
Le, die nunmehr über die Guthaben bei Baring verfügen, Die Staaislieferanten
zahlen die Guthaben an ihre eignen Lieferanten 2a, 2b und 2c, diese wieder an
ihre Lieferanten 3a, 3b und 3c usw. usw.
{llustration 14 zeigt, wie aus den kurzfristigen Forderungen englischer Ka-
pitalisten an Baring, Baring an Warburg, Warburg an ihre Kunden E. F. und I. K.
langfristige Konsolidierung wird und das „Geld“ im nationalökonomischen Sinne
aus dem englischen Umlauf verschwindet,
Illustration 15 und 15. Fortsetzung zeigt den Ablauf des Zahlungsaktes in
England bis zur Konsolidierung noch einmal, wobei der Leser erkennen muß, wie
alle Empfänger der englischen Regierungszahlungen, also der deutschen „trans-
ferierten“ Gelder vor Empfang der Summen bereits über das entsprechende Kapital