Full text: Das Jungdeutsche Manifest

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Prufung der Fuhrerfähigkeit durch die Gemeinschaft 
Jeder seelenlose Zwang, mit dem eine Fuhrerschaft ihre Gefolg— 
schaft zur Unterordnung zwingen will, führt nicht zum Gehorsam, 
sondern höchstens zur Unterwerfung unter die größere Macht. Wohl 
soll der Führer mit einer gewissen Macht ausgestattet sein, um seine 
Befolgschaft zum Wohle des Staatsganzen zu füͤhren. 
Ein guter Reiter soll es lernen, ein vollblütiges Pferd durch 
Hilfen zu lenken. Die Kunst, sich im Sattel zu halten, kann nicht 
darin bestehen, dem Pferde Beweglichkeit und Feuer zu nehmen. Das 
Feuer des Pferdes ist eine Vorbedingung zur Erlernung hochwer⸗ 
tiger Reitkunst. Der Reiter, welcher nur gewohnt ist, ein ruhiges 
und abgestumpftes Pferd zu reiten, wird es niemals zu dieser hoch⸗ 
wertigen Reitkunst bringen. Es liegt die Gefahr vor, daß er nicht 
in der Lage ist, sich im Sattel zu halten, wenn dieses ruhige Pferd 
bei irgendeinem Ereignis scheut. 
Diejenige Führerschaft, welche nur in der Lage ist, auf Grund der 
Allmacht des Staates ihre Gefolgschaft zur Unterwerfung zu zwin⸗ 
gen, ist gleich dem Reiter, der nur ein zugerittenes Pferd reiten 
kann. Eine lebendige Führerschaft soll es lernen, sich im Sattel zu 
halten. Weil die alte Führerschaft nur Untertanen gewohnt war, 
mußte sie fallen, als diese Untertanen stürmisch zur staatsbürgerlichen 
Entwicklung drängten. 
Untertanen zu führen ist sinnbildlich dasselbe, wie 
ein zugerittenes Pferd zu reiten. Die Gemeinschaft 
aber setzt sich nicht aus Untertanen zusammen, sondern 
aus Staatsbürgern. 
Die jungdeutsche Auffassung von der Erstehung der Führerschaft 
im Volksstaat will den Führer im Wechselspiel seiner eigenen und der 
sträfte feiner Gemeinschaft wachsen sehen. Die Macht des Staates 
joll ihm das Führeramt nicht dadurch erleichtern, daß sie der Ge— 
meinschaft befiehlt, sich ihm unterzuordnen und zu gehorchen. Er 
soll durch eigene Tüchtigkeit und Führerkunst, durch die Macht seiner 
Persönlichkeit die lebendige Gemeinschaft in den Dienst am Staats⸗ 
ganzen zwingen. Der Volksstaat will seinen Sturz, wenn seine 
Kräfte und Fähigkeiten hierzu nicht ausreichen, damit ein anderer 
an seine Stelle tritt. 
5*4 
L.C
	        
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