Full text: Hansische Beiträge zur deutschen Wirtschaftsgeschichte

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11. Der Markt von Lübeck 
168) Nachträglich verweise ich auf eine Äußerung von H. Bächthold — vgl. Beitrag 
VIII, Anm. 1: „daß die mittelalterliche Welt... von Gegensätzen und Konflikten mehr 
zerrissen war, als man sich oft vorstellt“. (a. a. O. S. 808). Bächthold meint hierbei die 
Verhältnisse des mittelalterlichen Stapelwesens. — Wenn allerdings v. Below mir gegen- 
über ganz neuerdings (vgl. die Beitrag VIII, Anm. 60 zitierte Stelle: S. 113), die „Be- 
weglichkeit‘“ des städtischen Lebens als einen Hinderungsgrund des Entstehens des Rats 
aus dem Unternehmerkonsortium hinstellt, so möchte ich zunächst meinen, daß v. Below 
diese Vorstellung der ungemeinen Beweglichkeit der städtischen Verhältnisse des Mittel- 
alters aus meinem Markt von Lübeck übernommen hat. (S. auch oben, S. 57.) Jedenfalls 
hat wohl noch kein Forscher mit solchem Nachdruck auf diese „Beweglichkeit‘ hin- 
gewiesen, wie ich selbst, während auf der andern Seite nicht nur dem Verfassungshisto- 
riker, sondern auch dem Wirtschaftshistoriker von Below das Operieren mit dem 
„unseligen Sammelbegriff Mittelalter‘. als bedenklich vorgehalten wurde. (W. H. Ed- 
wards, Gött. Gelehrt. Anz. 1918, S. 92). — Sodann: Es kommt für das Problem des Zu- 
sammenhangs von Rat und voraufgehendem Unternehmerkonsortium gar nicht dar- 
auf an, daß die Einzelpersönlichkeiten des Konsortiums selbst noch Ratsleute ge- 
worden sind. Wichtig ist nur zweierlei: daß einmal die obrigkeitlichen Funktionen von dem 
Unternehmerkonsortium in seinem durch den Personenwechsel und Zeitablauf bedingten 
Wandel übergehen auf den Rat; sodann: daß die ganz klar zu erfassende Sonderstellung 
der alten Unternehmerfamilien im städtischen Grundbesitz in der wirtschaftlichen 
Stellung der Ratsfamilien noch deutlich zum Ausdruck kommt. Dann ist der Zu- 
sammenhang erwiesen. Dieser Nachweis ist von mir jedenfalls für Lübeck und Wien 
absolut zwingend erbracht. Ob dabei einzelne verarmte Gründerfamilien ausfallen, und 
durch neue Familien die den alten Besitz aufkaufen können, ersetzt werden, ist dabei 
gleichgültig. — Als wichtige Zwischeninstanz zwischen Unternehmerkonsortium und 
Rat sei auf die ‚„jurati‘“ in Wien, Freiberg i. Sa. und Freiburg i. Br. verwiesen. Im 
Einzelnen verweise ich vor allem auf den letzten Aufsatz dieses Buches. 
169) Ich nenne nur die Bemühungen S. Kaweraus, den Geschichtsunterricht der 
Schulen soziologisch zu gestalten und dabei das Mittelalter kurzerhand auszuschalten 
ader mit ein paar Sombartschen Sätzen als rückständig abzutun. Soziologische Ge- 
schichtsbetrachtung in Ehren; wer aber solche für Deutschland treiben will, und dabei 
von den soziologisch betrachtet geradezu grundlegenden Leistungen und Wandlungen 
des 12. und 13. Jahrhunderts absieht, wer kein Wort findet für die. Kolonisation des 
deutschen Ostens als der wichtigsten ‚,Massenerscheinung‘, welche die deutsche Ge- 
schichte überhaupt aufzuweisen hat, der ist kaum in der Lage, eine brauchbare Geschichts- 
darstellung auf soziologisch-entwicklungsgeschichtlicher. Grundlage zu liefern. 
70) Jetzt abgedruckt in den „Problemen der Wirtschaftsgeschichte‘“, S. 258ff. 
v1) Wieviel es hier noch zu tun gibt, zeigt ein Hinweis auf die gewiß verdienstvolle 
Dissertation von P. R. Koetzschke, Das Unternehmertum in der ostdeutschen Koloni- 
sation des Mittelalters, wo auf S. 67 Lübeck ausdrücklich unter den Städten aufgeführt 
wird, bei deren Gründung keine Lokatoren mitgewirkt haben sollen: ein warnendes 
Beispiel vor allzu wörtlicher Interpretation literarischer Quellen und der positiven 
Gründungsurkunden., „ 
72) Rörig, Lübeck und der Ursprung der Ratsverfassung, s. jetzt oben S. 26. — In- 
zwischen hat Karl Frölich in einer sehr gründlichen Besprechung der neueren Literatur 
über Köln und Lübeck den Vergleich: Köln-Lübeck fortgeführt und vertieft. Vgl. seinen 
Aufsatz: Zur Verfassungstopographie von Köln und Lübeck im Mittelalter, Ztschr. .d. 
Ver. f. Lüb. Gesch. Bd. 22, S. 381 ff, — Vgl. auch meine jüngsten Ausführungen zu dieser 
Frage oben S. 37, Anm. 87 und S. 39, Anm. 108.
	        
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