Wirtschaft. Schon aus dem eben Gesagten ergibt sich die
Tatsache, daß sich diese Stellung in den verflossenen 100 Jahren
von Grund auf geändert hat. Das leuchtet noch mehr ein,
wenn wir die nicht immer glücklichen Versuche des Staates,
unmittelbar auf das Wirtschaftsleben Einfluß zu gewinnen,
als Symbole werten. Hierher gehören die Versuche mit staat—
lichen Betrieben, die staatliche Kontrolle gewisser Wirt—
schaftszweige wie der Kohlen- oder Kaliwirtschaft in Deutsch—
land, hierher gehört auch die Verstaatlichung des Verkehrs—
wesens, oder die faktische und materielle Regelung des
Zentralnotenbankwesens u. a.m. Alles in allem wird
niemand leugnen, daß der Staat, der anfangs des vorigen
Jahrhunderts in bewußte Zurückhaltung vor allem, was
Wirtschaft hieß, trat, um dem Wirtschaftsleben möglichst freien
Lauf zu lassen, heute immer mehr Einfluß auf den Ablauf
des Wirtschaftslebens gewinnt und noch mehr zu gewinnen trachtet.
Drittens und vor allem auch ist eine gegebene Wirtschafts—
verfassung bestimmt durch die organisatorischen Grund—
lagen, auf denen sie aufbaut.
Auch diese haben sich in den letzten 100 Jahren ganz
wesentlich verschoben. Das Organisationsprinzip des be—
ginnenden Kapitalismus ist am besten zu kennzeichnen durch
das Schlagwort von der freien Konkurrenz. Der Ge⸗
danke an den Druck und die Wirkung des ehern und unver—
rückbar erscheinenden „Gesetzes der freien Konkurrenz“ war
es, der die bewegenden Kräfte zur Freisetzung der Wirtschaft
und der Produktionsfaktoren am Ende des 18. und in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auslöste. Anarchie und
Willkür der Produktion war es nur scheinbar — so sagte
man sich — die da ins Leben gerufen wurde. —A
sprechende Anpassung der Produktion an Art und Richtung
des Bedarfes, das Streben nach zweckmäßigsten Met ho—
den der Erzeugung und nicht zuletzt eine die Interessen
der Allgemeinheit wahrende über die Erzeugungskosten nicht
wesentlich hinausgehende Preisbildung sollte durch die
Wirkungen der freien Konkurrenz erzwungen werden.
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