V. Eignung und Bildung für den Beruf des Buchhändlers. 63
waren, nicht nur im Verlag, auch im Sortiment und im Kommissions-
geschäft. Heute hat sich die Gehilfin neben dem Gehilfen, die Buch-
händlerin neben dem Buchhändler gleichberechtigte Stellung er-
worben, und dieser Gleichberechtigung beider trägt sowohl der
Börsenverein der Deutschen Buchhändler wie auch die Allgemeine
Vereinigung der Angestellten des Buch-, Kunst- und Musikalien-
bandels Rechnung, indem sie männliche und weibliche Mitglieder
ohne Unterschied in ihren Listen führen. Außerdem finden die Buch-
handlungsgehilfinnen auch ihre Vertretung im Gewerkschaftsbund der
Angestellten, im Zentralverband der Angestellten, besonders aber
im Verband der weiblichen Handels- und Büroangestellten. e. V..
Fachgruppe Buchhandel.
In den letzten Jahren sind viele junge Damen mit höherer
Mädchenschulbildung in den Buchhändlerberuf eingetreten und haben
sich ordnungsgemäß buchhändlerische Lehrzeugnisse erworben. Von
den Gehilfinnen im buchhändlerischen Ladengeschäft wird gesagt,!)
daß sie das Herumklettern auf den Leitern und das Herbeiholen
schwerer Bücherstapel als unangenehme Beigabe zu der Verkäufer-
tätigkeit empfänden; es stehen aber der Gehilfin nicht nur im Sorti-
ment, sondern auch in Kontorbetrieben zahlreiche Stellen offen, die
Verwertung guter Schul- und Fachbildung ermöglichen.
Der in weiten Kreisen des bücherkaufenden Publikums bekannte
Verleger Karl Robert Langewiesche äußert sich in seinem trefflichen
Buche „Aus fünfundzwanzig Jahren, buchhändlerische Erinnerungen
1891/1916“, zur Frauenfrage im Buchhandel, wie folgt: „Rasch ist
die Frau in unsern Beruf eingedrungen, hat sich bewährt und wird
sich weiter bewähren. Und wer aufmerksame Studien im Schulzschen
Adreßbuch macht, wird erstaunt sein zu sehen, wieviel gut ge-
leitete buchhändlerische Firmen besonders in kleineren und mitt-
leren Städten heute schon in selbständigen Frauenhänden sind. Es
mag ja sein, daß die Frau nicht die Nervenkraft und auf geschäft-
lichem Gebiet auch häufig nicht die Willenskraft mitbringt, die
dazu gehört, ein großes und großstädtisches Sortiment herauf-
zuarbeiten und selbständig zu leiten. Aber in wieviel kleinen und
kleinsten Orten, die der Familiengründung eines gebildeten männ-
lichen Buchhändlers keinen festen Boden bieten können ...., Wer-
den unverheiratete gebildete Frauen eine schöne und selbständige
Aufgabe und ein vielleicht bescheidenes, aber doch auskömmliches
und sicheres Brot finden können. Womit dann sowohl dem kultu-
reilen Leben der Nation, wie dem Eigen-Interesse des Buchhandels
besser gedient sein wird, als mit einer dauernden Auslieferung
solcher Orte an den sehr im Nebenamt betriebenen „Auchhuch-
handel“ wenig geeigneter Kräfte.“
1) Jende-Radomski, Dr. H., Frauenberufe, S. 61.