Full text: Die deutsche Kaliindustrie

Bei der Prüfung dieser Zahlen darf jedoch nicht übersehen werden, 
daß hierin auch die gemäß $ 83e stillgelegten Schächte einbegriffen 
sind, die vor Aufschluß der Lagerstätte die Abteufarbeiten eingestellt 
hatten und deshalb für die Förderung von Kalisalzen noch nicht in 
Frage kamen. Unter den aus der Tabelle ersichtlichen Verhältnissen 
hielt es die Kaliprüfungsstelle nicht für zweckmäßig, daß die Ratio- 
nalisierung, die bereits in der Kaliindustrie durch die freiwillige 
Stillegung der Anlagen einen großen Umfang angenommen hatte, durch 
die in 8 83a, Absatz 2 vorgesehenen Zwangsmaßnahmen noch ver- 
schärft werde. Sie befürchtete, daß durch den behördlichen Eingriff in 
den Betrieb der einzelnen Werke eine starke Beunruhigung der Industrie 
hervorgerufen und die Nachteile für die betroffenen Provinzen, Ge- 
meinden und Arbeiter, die sich bereits in der letzten Zeit stärker bemerk- 
bar gemacht hatten, weiter zunehmen würden. Die Landeszentral- 
behörden hatten deshalb gegen jede weitere Stillegung immer größere 
Bedenken geäußert dahin, daß es nicht möglich sei, die entlassene Beleg- 
schaft in absehbarer Zeit in anderen Industrien unterzubringen, den 
Gemeinden aber nicht zugemutet werden könnte, die hohen Kosten für 
die Unterstützung der Arbeiter zu tragen, Auch von seiten der Bei- 
sitzer aus den Kreisen der Arbeitnehmer wurde eine weitere Betriebs- 
konzentration durch Zwangsmittel lebhaft bekämpft, da sie der Ansicht 
waren, daß dadurch die Arbeiterschaft stark in Mitleidenschaft gezogen 
werden würde, ohne dadurch einen entsprechenden Vorteil für die allge- 
meine Wirtschaftslage der Kaliindustrie zu erzielen. Bei der Entschei- 
dung mußte ferner beachtet werden, daß infolge der freiwilligen Still- 
legung der Kalibergbau bereits in einzelnen Ländern, wie z.B. in 
Mecklenburg und Schaumburg-Lippe, vollständig zum Erliegen ge- 
kommen war. In Braunschweig war nur noch ein förderfähiges Kali- 
werk übrig geblieben, das aber in den letzten Jahren in der Hauptsache 
nur Steinsalz gefördert hat. Die Kaliprüfungsstelle beschloß deshalb, 
die Untersuchungen. über die zwangsweise Stillegung von Kaliwerken 
vorläufig noch hinauszuschieben. Diese Maßnahme erschien ihr um so 
unbedenklicher, als nicht nur die gemäß $ 83 a—e angemeldeten Werke 
inzwischen stillgelegt worden waren, sondern darüber hinaus noch eine 
größere Zahl anderer Schächte, die als Reserveanlagen in betriebs- 
fähigem Zustande erhalten werden, tatsächlich stilliegen. Infolge- 
dessen war die Zahl der fördernden Werke, die im Jahre 1923 noch 
126 Anlagen und im Jahre 1925 85 Anlagen betrug, im Jahre 1928 auf 
durchschnittlich 60 zurückgegangen. Im Februar 1927 waren nur noch 
63 Werke in Förderung, von denen 41 als Hauptanlagen und 19 als 
Nebenwerke bzw. Polizeischächte anzusehen waren. Die künftige Ent- 
wicklung der Kaliwirtschaft wird weniger von einer weiteren Zusammen- 
legung der Betriebe als von einer Steigerung des Absatzes bei aus- 
kömmlichen Preisen abhängig sein. Der Herr Reichswirtschaftsminister 
wurde deshalb gebeten, einer weiteren Vertagung der in $ 83, Absatz 2 
vorgeschriebenen Untersuchungen zuzustimmen. Auf Grund der Be- 
richte der Kaliprüfungsstelle erklärte sich der Herr Reichswirtschafts- 
minister damit einverstanden, daß die im $ 83a, Absatz 2 vorgesehenen 
Untersuchungen wegen zwangsweise erfolgender Stillegung bis auf 
weiteres unterbleiben sollen. 
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