OESTERREICH Ür
Günstige Staatswirtschaft — UVebersteuerung
Wirtschaftliche Depression
®© Wien, 22. Januar ©
Die Politik hat’ der Wirtschaft schwerste Wunden geschlagen;
Jeren Heilung noch geraume Zeit erfordern wird. Die inner-
politische Beunrüuhigung färbte auch auf das Urteil
des ausländischen Kapitals ab, und als dazu noch die Schwierig-
keiten der Bodenkreditanstalt kamen, setzte die
Kündigung ausländischer Kredite, die Abhebung von Spar-
ainlagen und sogar eine unsinnige Schillingflucht ein. Wahre
Lerkulesarbeiten, die Uesterreich aus dieser gefährlichen Lage
herausrissen, sind dem Bundeskanzler Schober zu danken. Aber
die.wirtschaftiliche Bilanz des Jahres war nicht
mehr zu bessern. . . | ;
Die folgenden Angaben zeigen deutlich, daß Staats- und Volks-
wirtschaft: auch 1929 sich ganz verschieden entwickelt haben.
Staatshaushalt: Die laufende Gebarung ergab. 1925-1928
trotz einer 40proz. Steigerung der Ausgaben Ueberschüsse
von 510 Mill. Schilling; da die Begebung der Investitionsanleihe
infolge des Widerstandes Italiens in der Reparationskommission
bisher unmöglich war, mußte der Investitionsaufwand von
635. Mill. Schilling aus diesen Ueberschüssen, Kassenbeständen
und Bankkrediten an die Bundesbahnen gedeckt werden. Durch
das. Abkommen über die Reliefschulden gingen die Bundes-
schulden um 538 auf 1884 Mill. Schilling zurück. Die Ein-
nahmen des Bundes an Steuern, Gebühren und Zöllen, die
1925 922 Mill. betrugen, sind für 1980 mit 1129 Mill. Schilling
veranschlagt; die Steigerung der direkten Steuern allein beträgt
über 28%. Die Besteuerung der Aktiengesellschaften nahm
34,8% ihrer Reinerträgnisse weg.
Die Belastung aus allen öffentlichen Abgaben stieg seit
1926 von 329 auf 475 Schilling jährlich je Kopf der
Bevölkerung.
Das kleine‘ Oesterreich hat 81000 Bundesangestellte und hat
118000 Pensionsparteien zu erhalten. Nationalbank:
Der Wechselbestand stieg‘ um 46,8% auf 305,6 Mill. Schilling, die
Devisenbestähde nahmen um: 60 Mill. Schilling ab, das Deckungs-
verhältnis (gesetzliche Mindestdeckung 830%). Die Darlehns-
schuld des Bundes ging von 253 auf 108,65 Mill. Schilling zurück.
Der Bankzinsfuß wurde zweimal (von 6% auf 7% und dann auf
3%%) erhöht, nach dem Umschwung am internationalen Geld-