12 1.Kapitel. Wesen und Formen des Kapitals.
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keiten der statistischen Erfassung zurückzuführen. Er-
folgt doch ein sehr großer Teil der Sachkapitalbildung
heutzutage im Betriebe selbst, durch Selbstfinan-
zierung, wie man heute zu sagen pflest. Und da 1äßt
sich nicht einmal in einem einzelnen Betriebe exakt fest-
stellen, welcher Teil der Abschreibungen und Rück-
stellungen nur altes und unbrauchbar sewordenes Sach-
kapital ersetzt und welcher Teil eine geldliche Investi-
fion für neue Sachkapitalbildung bedeutet. Gehen doch
auch in der Privatwirtschaftslehre die Ansichten dar-
über, nach welchen Gesichtspunkten die Abschrei-
bungen erfolgen müssen, weit auseinander. In einer
Schrift von H. Behnsen und W. Genzmer: „Unzurei-
chende Abschreibungen, Scheinsewinne und Substanz-
verlusfe“, Verlag von Felix Meiner in Leipzig, 1929, ist
ausführlich nachgewiesen, daß unter Berücksichtigung
der in den letzten Jahren erfolsten Preissteigerungen
die meisten Abschreibungen ungenügend waren, weil sie
keine Wiederbeschaffung der Fabrikanlagen, Maschinen
und dergleichen ermöglichten. In welchem Maße das auch
für die Zukunft der Fall ist, hängt natürlich von der
künftigen Preisentwicklung ab, die niemand mit Sicher-
heit voraussagen kann. Wie ich in den „Grundsätzen“!
gezeigt habe, überwiegen in der heutigen Volkswirf-
schaft im allgemeinen preissteigernde Tendenzen. Ob
aber nicht, wenn die Verknüpfung der Währung mit
dem Golde beibehalten wird, wegen Knappheit der
„Golddecke“ wieder einmal eine Deriode der Preissen-
kung eintritt, wie in den 70er und 80er Jahren, vermag
niemand zu sagen. Auf die Frage, ob nicht die Verpflich-
tungen der Reparationsleistungen doch noch einen
Preisdruck herbeiführen werden, der bisher durch den
Zustrom von Auslandskapital verhindert wurde, soll in
Kapitel VIII eingegangen werden.
1 Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, 2 Bde., 2. bzw.
3. Auflage, Stuttgart 1922/23.