66 5. Kapitel. Kapitalbildung und Börsenspekulation.
steigerungen erhöhen dieses Kapitalerfordernis um so
mehr, als bei einer größeren Hausse auch das private
Publikum sich immer stärker an Börsengeschäften be-
teilig£t und auch die Spekulation immer mehr mit
Preissteigerungen über den Terminmarkt hinausgreift,
Wie wirkt nun die Inanspruchnahme von Kredit
durch die Spekulation? Hier sind zwei Fälle zu unter-
scheiden: Kreditgewährung aus Depositen oder Eigen-
kapital der Banken — denn es kommt nur Bankkredit
in Betracht — und Kreditschöpfung der Banken.
Was darunter zu verstehen ist, darf heute wohl als be-
kannt vorausgesetzt werden. Naturgemäß geht beides in-
einander über, und dem einzelnen Kredit kann man es
nicht ansehen, woher er stammt, die Bank kann eine
Kreditschöpfung nur allgemein aus der Anspannung
ihrer Liquidität feststellen. In beiden Fällen ist nun
wieder zu unterscheiden, ob die Kredite mehr auf dem
Effektenmarkte bleiben oder ob sie durch Neuemissio-
nen der Industrie zufließen. Wie weit das für die Kredit-
schöpfung gilt, ist natürlich nicht gesondert festzu-
stellen, und von der Frage der Verwendung der Spe-
kulafionsgewinne wollen wir hier ganz absehen, So-
weit die Kreditgewährung aus Depositen erfolst, wird sie
naturgemäß anderen Kreditsuchenden entzogen, An der
Börse wirkt die gesteigerte Nachfrage nach Effekten
preissteigernd, die Hausse wird beschleunigt und daher
meist verkürzt. Gehen die realisierten Gewinne an die
Industrie oder werden auf Grund der Hausse neue
Effekten emittiert, so bedeutet das verstärkte Nachfrage
nach Produktionsmitteln, wirkt, wie oben geschildert,
preissfeigernd und verstärkt zugleich die Gefahr der
Überkapitalisation.
Alles das ist eigentlich selbstverständlich und wird,
wie gesagt, nur durch eine mechanisch-materialistische
Betrachtungsweise verkannt, Höchstens könnte man ein-
wenden, daß eine ausgedehnte, mit Bankkredit arbeitende
Börsenspekulation als kurzfristig doch den langfri-