Vergesellschaftung und Gesellschaft. “237
gehörige Wissen um die Kundgabe eines eigenen Wunsches, bzw. einer
eigenen Furcht als grundlegende Bedingung dafür in Betracht kommt,
daß seine Wahrnehmung, überhaupt seine „Erfahrung“ besonderen
Verhaltens des Anspruchadressaten die wirkende Bedingung für die
Verwirklichung eines auf den Anspruchadressaten bezogenen Unwertes
abgeben würde, nur eine Besonderheit von „Anspruch schlechtweg“
dar. Das Gegebene „Anspruch“ bestimmen wir also vorläufig als solche
Behauptung (zweifache Behauptung), bzw. Behauptungs-Verbindung
(zwei Behauptungen), mit welcher behauptet wird, daß dem Behaupten-
den erstens der Gedanke zugehört, daß ihm ein Wunsch nach, bzw.
eine Furcht vor besonderen Verhalten des Behauptungsadressaten zu-
gehört und zweitens der Gedanke, daß mit der Kundgabe jenes Wunsches,
bzw. jener Furcht sich eine Lage ergeben hat, welche die Gesamtheit
jener Allgemeinen enthält, die als grundlegende Bedingungen dafür in
Betracht kommen, daß ein jenen Wunsch enttäuschendes, bzw. ein jene
Furcht erfüllendes Verhalten des Adressaten die wirkende Bedingung
für eine Verschlechterung des den Adressaten betreffenden Interessen-
gesamtzustandes deshalb abgibt, weil Wissen besonderer Seele um jene
Wunsch- bzw. Furchtkundgabe als grundlegende Bedingung für solche
Verschlechterung in Betracht kommt. Den ersten in jedem Anspruche
behaupteten Gedanken nennen wir vom Standpunkte des Anspruch-
erhebers kurz den „Eigen-Wunsch- bzw. Furcht-Gedanken“,
den zweiten in jedem Anspruche behaupteten Gedanken nennen wir
vom Standpunkte des Ansprucherhebers kurz den „Ander-Soll-
Gedanken“, wobei wir uns vorbehalten, das Gegebene „Sollen“ in
Späterem Zusammenhange einer Zergliederung zu unterziehen.
Daß jedenfalls die Meinung, die „Ansprüche“ seien „Wunschsätze‘‘,
zu enge ist, ergibt sich schon aus der Tatsache, daß in allen Ansprüchen,
nit welchen auf Unterlassen gezielt wird, gar kein „Wunsch“, sondern
aine „Furcht“ kundgegeben wird. Die „Ansprüche“ wären aber auch
als „Wunsch- und Furchtsätze“ unzutreffend bestimmt, da eben „Be-
lauptung eines Ander-Soll-Gedankens“ jedem Anspruche wesentlich
ist, nicht nur etwa den „Geboten“ („Befehlen“), hinsichtlich welcher be-
sonderen Ansprüche solche Behauptung stets als „Sanktion“ fest-
gestellt wurde. Weder die bloße „Wunsch-Erklärung“, noch die bloße
„Furcht-Erklärung“ ist ein „Anspruch“. Erkennt nämlich z. B. jener,
dem ein Wunsch nach seinem besonderen Verhalten‘ „erklärt‘‘, ‚„mit-
geteilt‘, „‚kundgegeben‘“ wird, lediglich, daß der Erklärende ihm dessen
Wunsch mitteilen wollte, so weiß er noch gar nicht, daß an ihn eine
„Verhalten-Werbung“‘, ein „Anspruch“ gerichtet wurde, er gewinnt
keinen „Anspruch-Glauben“, der sich vielmehr erst einstellt, wenn
einer Seele zweifacher Behauptungs-Glaube zugehörig ist, nämlich der
Glaube, daß ihr gegenüber jemand einen „Eigen-Wunsch- bzw. -Furcht-