Kapitel II
Das Wollen.
ann immer sich jemand „in Gesellschaft“ weiß, weiß er sich als
W jemanden, der tätig ist, also in besonderer Weise wirkt. Für die
„Allgemeine Gesellschaftslehre“ ergibt sich also zunächst die Aufgabe,
zu bestimmen, welches „Tun“, welche „Tätigkeiten“ vorliegen, wenn
„Gesellschaft“ gegeben ist. Die Lösung dieser Aufgabe würde indes
voraussetzen, daß das Gegebene „Tätigkeit schlechtweg‘“ bereits zum
klar Gewußten zählt, was indes durchaus nicht der Fall ist, so daß
also zunächst das Gegebene, „Tun schlechtweg“ bestimmt werden muß.
Da nun aber das Gegebene „Tätigkeit“ nicht ohne klares Wissen um
das Gegebene „Wollen“, und dieses Gegebene wieder nicht ohne klares
Wissen um anderes besonderes Gegebenes, wie „Wünschen“, „Be-
gehren“ u. a. bestimmt werden kann, wollen wir mit der Bestimmung
des Gegebenen „Wünschen“ beginnen,
Daß „Wünschen“, das offenbar besonderes Seelisches ist, keine
Bestimmtheit oder Bestimmtheitsbesonderheit der Seele darstellt, lehrt
uns das Selbstbewußtsein. „Wünschen“ ist insbesondere nicht etwa ein
„Lust-haben“, in welchem Falle dann „Verwünschen“ ein „Unlust-haben“
wäre, denn an Vielem hat man Lust, wünscht es dann aber nicht,
weil man es eben nicht mehr zu wünschen braucht. „Wünschen“ ist also
nicht „Lust-haben“, ihm gehört aber auch nicht etwa „Lust-haben“ zu,
sondern zum „Wünschen“ gehört vielmehr ein „Unlust-haben“, so daß
allerdings der Wünschende stets auch zuständlich bestimmt ist, Indes,
Unlust gehört zwar stets zum Gegebenen „Wünschen“, macht aber allein
jenes Gegebene noch keineswegs aus, Der Wünschende ist nämlich
stets auch gegenständlich bestimmt, er hat nicht nur das, woran er Unlust
hat, gegenständlich, sondern überdies ein Anderes, nämlich ei gene Lust
an Etwas. Jene Lust gehört aber nicht etwa dem Wünschen zu,
sondern wird im Wünschen lediglich vorgestellt, das Vorstellen jener
Lust, nicht jene Lust selbst gehört zum Wünschen. Der Wünschende
ist aber auch stets denkend bestimmt, denn er denkt eine Doppel-
veränderung‘ seiner Seele, nämlich eine Veränderung, welche darin be-
steht, daß seine Seele an Stelle jenes Gegenständlichen, mit welchem
die gegenwärtige Unlust verbunden ist, ein anderes Gegenständliches
gewinnt, an welchem sie Lust hat, so daß also jene Veränderung im
Gegenständlichen auch mit einer Veränderung der eigenen Seele im
Zuständlichen „verbunden“, d. h. gleichzeitig auftretend gedacht ist.