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Denselben Gedanken begegnen wir bei Schumpeter wieder: „Die
Erklärung, die unsere Theorie leistet, ist... eine Beschreibung von
funktionalen Beziehungen zwischen... den Elementen unseres Sy-
stems mittels möglichst kurzer und möglichst allgemeingültiger
Formeln. Diese Formeln nennen wir Gesetze.‘ 72
Es lohnt nicht, bei noch anderen Versuchen als den beschriebenen,
die Methode der Naturwissenschaften auf die Nationalökonomie an-
zuwenden, länger zu verweilen. Als Kuriosum will ich nur noch kurz
dieMethode der Ecole de laScience sociale in Frankreich erwähnen,
die,nach den von Le Play und Tourville aufgestellten Schematen
ihre Forschungen anstellt. Es werden hier 25 verschiedene Klassen
sozialer Phänomene, die in 326 Elemente aufgeteilt sind, untersucht,
das heißt äußerlich festgestellt, „begriffen‘“ und ihre gegenseitige
Reaktion aufeinander ermittelt: „les reactions reciproques des faits
zoclaux‘‘, „repercussions‘“ genannt. Man bekennt sich mit Stolz zur
naturwissenschaftlichen Methode: „la science sociale est une science
d’observation au meme titre que les sciences naturelles... Dans
toutes les science, la methode generale est la meme.“ 13
Etwas ähnliches stellt wohl die Schule des Behaviourism in den
Vereinigten Staaten dar.
Das Ergebnis unserer Untersuchungen steht fest. Es war mir
darum zu tun, die großen Linien aufzuweisen, in denen diese bedeu-
tende Richtung der ordnenden Nationalökonomie verläuft, deren
Hauptvertreter nach dem Vorbilde vor allem der exakten Naturwissen-
schaften zu forschen sich bemüht haben. Dabei konnten wir -beob-
achten, daß der größte Teil mit unklaren und unfertigen Vor-
stellungen von dem Wesen der naturwissenschaftlichen Methode ihre
Arbeit verrichtete. Nur die Relationisten oder Funktionalisten, das
heißt die Anhänger der „mathematischen“ Schule haben die Probleme
durchgedacht und sind zu einer folgerichtigen, klaren Lehre gelangt.
Jeder Freund eines sauberen Denkens muß deshalb diesen National-
% J. Schumpeter, Wesen und Hauptinhalt. 1908. S. 43.
73 Jacques Valdour, Les methodes en science sociale. 1927. pag. 267£.
Valdour gibt eine genaue Darstellung dieser Methode, die durch Paul Descamps
in mehreren Aufsätzen in „La Seience sociale‘, Nov. 1912, Nov. 10913, Dez,
'g14 entwickelt worden ist.