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anknüpfen: Gemeinschaft und Gesellschaft, deren sich aber
auch die Nationalökonomie mit Nutzen bedienen kann.
Es geschieht aber auch bei zwei in unserem Jahrhundert heraus-
gebildeten Leitideen, die mit ganz besonderer Vorliebe in unserer
Wissenschaft Verwendung finden: der Idee der Tauschgesell-
schaft und der der Volkswirtschaft. Jene veranlaßt uns, uns die
menschliche Wirtschaft vorzustellen ’als eine amorphe, nur durch
Vertragschließung auf dem Markte zusammengehaltene Summe von
Individuen, als nur äußere Einheit; diese dagegen, die Idee der Volks-
wirtschaft, läßt eine als lebendige Einheit gedachte wirtschaftende
Volksgemeinschaft vor unserem geistigen Auge erstehen, lehrt uns
alle Teilvorgänge des Wirtschaftslebens immer nur als Äußerungen
eines gleichsam lebendigen Körpers, der von einem Gesamtgeiste er-
füllt ist, ansehen, fordert uns auf, alle Einzelerscheinungen stets auf
das Ganze auszurichten, von dem allein sie ihre Bedeutung und ihren
Sinn empfangen.
Ich habe oben bereits kurz darauf hingewiesen ”?, daß diese beiden
Ideen sich als gestaltende Ideen der Nationalökonomie nicht eignen,
daß sie diese vielmehr voraussetzen. Dessen wollen wir an dieser
Stelle noch einmal recht lebendig inne werden. Die Idee der Tausch-
gesellschaft ist von vornherein auf ganz bestimmte Wirtschafts-
systeme — die Systeme mit Verkehrswirtschaft, deren es mehrere
gibt — zugeschnitten: die Idee des Wirtschaftssystems schwingt also
bei der Benutzung dieser Arbeitsidee von selbst immer mit. Nicht
dasselbe ist der Fall bei der Idee der Volkswirtschaft: hier müssen
wir uns vielmehr immer erst durch einen bewußten Aktus den Cha-
rakter des Wirtschaftssystems hinzudenken, das wir unter dem Ge-
sichtspunkt der Volkswirtschaft betrachten wollen. Offenbar gibt es
eine kapitalistische und eine sozialistische Volkswirtschaft. Erst wenn
wir wissen, welche wir meinen, können wir sachgemäß irgendwelche
Probleme behandeln. Man nehme etwa das Problem der produktiven
Kräfte, das ein spezifisch „volkswirtschaftliches‘‘ ist: es gewinnt ganz
einen anderen Sinn, ob ich die produktiven Kräfte innerhalb dieses
m
7? Ausführlich in meiner „Ordnung des Wirtschaftslebens‘. S, 6.