Full text: Die drei Nationalökonomien

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wirtschaftslehre anerkannt, den man füglich Wirtschaftsphilosophie 
nennen kann und der also die metaphysischen Beziehungen der Wirt- 
schaft zum Gegenstande haben würde. Ich will hier in Kürze einen 
Überblick über den Aufgabenkreis einer solchen Disziplin geben!?. 
die wir bisher kaum in den Anfängen besitzen. 
Eine Wirtschaftsphilosophie würde naturgemäß enthalten: 
ı. die Ontologie der Wirtschaft. Diese hätte die Einordnung 
der Wirtschaft in den allgemeinen Seinszusammenhang vorzu- 
nehmen, hätte also zu erörtern etwa: die Selbständigkeit oder Be- 
dingtheit der Wirtschaft, das Verhältnis von Wirtschaftsgesinnung, 
Ordnung und Technik in der Wirtschaft zueinander, die Probleme 
Jer ökonomistischen (sogenannten materialistischen) Geschichts- 
auffassunng, die Frage nach der Seinsgebundenheit der Wirtschafts- 
wissenschaft usw. 
Eine Wirtschaftsphilosophie würde ferner enthalten: 
2. die Kulturphilosophie der Wirtschaft. Deren Aufgabe 
wäre es, die Wirtschaft in den allgemeinen Sinnzusammenhang 
einzuordnen. Hier wäre zu behandeln das Problem des Kulturwertes 
der Wirtschaft: wieweit ist die Wirtschaft kulturfördernd, inwieweit 
kulturhemmend, sind wirtschaftliche Werte Kulturwerte, wie ver- 
halten sich die verschiedenen Wirtschaftssysteme und Wirtschafts- 
»pochen zur Kultur, welches ist der „Sinn“ einer bestimmten Wirt- 
schaftsepoche in der Geschichte, was hat der Weltgeist im „Sinn“ 
gehabt, als er der Menschheit das Ungeheuer „Kapitalismus“ auf die 
Erde schickte usw. Man muß erst noch das Gefühl dafür bekommen, 
daß hier Probleme aufgewiesen sind, die,mit der wissenschaftlichen 
Behandlung der Gegenstände nichts zu tun haben, sondern ein durch- 
aus selbständiges Leben führen. So halte ich es für eine unberechtigte 
Kritik an meinem Buche über den ‚,‚Modernen Kapitalismus‘, wenn 
12 Das Wort „Wirtschaftsphilosophie‘“ wird heute in durchaus unzulässiger 
Weise gebraucht, um wahllos allerhand Schriften der theoretischen National- 
ökonomie damit zu bezeichnen, So haben die von Arthur Hoffmann-Erfurt 
herausgegebenen „Literarischen Berichte aus dem Gebiete der Philosophie‘ eine 
Rubrik „Wirtschaftsphilosophie‘‘, in der ich bisher überhaupt noch kein wirklich 
wirtschaftsphilosophisches Werk verzeichnet gefunden habe, wohl aber z. B. 
Schriften, wie die von Cassel(!) über die Konzentrationstendenzen im Wirt- 
schaftsleben der Gegenwart und ähnliche.
	        
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