323
noch in der des Zufalls liegt, sie jemals zu ändern.‘ Diese frucht-
baren Keime sind dann leider unter dem Wust einer Hegelschen
Metaphysik erstickt und nicht zur Entfaltung gelangt.
Eine schlimme Konfusion ist dann wieder einmal in unserer
Wissenschaft dadurch angerichtet, daß man mit der wissenschaft-
lichen Nationalökonomie einen völlig andersartigen Stoff: die alte
Kameralistik zu einem einheitlichen „System“ zusammenordnen
wollte und nun einen praktischen von einem theoretischen Teil
unterschied und diese beiden Teile mit den beiden anderen, dem
allgemeinen und dem speziellen durcheinandermengte. So sind denn
die Ungeheuer entstanden, die sich in den Vorlesungsverzeichnissen:
Allgemeine und (oder) theoretische, Spezielle und (oder) praktische
Nationalökonomie oder gar Volkswirtschaftslehre nennen. Ich komme
darauf noch einmal zurück.
Hier müssen wir noch kurz der dritten Unterscheidung gedenken,
die man in dem Stoffgebiet der Nationalökonomie vornimmt
IH. nach den bevorzugten Arbeitsideen.
Unter diesen sind es vornehmlich die Idee der Tauschgesellschaft und
die der Volkswirtschaft, die geradezu zur Ausbildung zweier verschie-
dener Disziplinen Anlaß gegeben haben. Man nennt jetzt die eine
üblicherweise Sozialökonomik und sollte sich daran gewöhnen, die
andere Volkswirtschaftslehre zu nennen. Von diesen beiden
Zweigen unserer Wissenschaft ist der eine, die Sozialökonomik, fast
allein zur Blüte gelangt, vor allem durch die Pflege, die ihm die „Klas-
siker‘“ und die Sozialisten haben zuteil werden lassen, während der
andere Zweig, die Volkswirtschaftslehre, in der Entwicklung stark
zurückgeblieben ist, nachdem er in der Lehre der Merkantilisten einen
so vielversprechenden Trieb gemacht hatte. Die Volkswirtschaftslehre
war die erklärte Liebe der Adam Müller und Friedrich List, und
ein Teil ihrer Gegnerschaft gegen „die Schule“ erklärt sich aus der
Hinneigung zur volkswirtschaftlichen Betrachtung des Wirtschafts-
lebens. Jetzt pflegen diesen Zweig in Deutschland vor allem Othmar
Spann, Friedrich Lenz%*, Edgar Salin.
24 Friedrich Lenz, Macht und Wirtschaft. I. 1916; derselbe, Aufriß der
politischen Ökonomie. 1927.
I *