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Streben hinzielt. Die. Monographie kann Teile dieses Gebäudes in
bereits geprägter Form liefern: Kapitelle, Säulen, Architrave, Friese,
die dann in den Gesamtbau als solche eingefügt werden. Die nicht
gestaltete Einzelerkenntnis ist nur Rohstoff, dessen natürlich der Bau-
meister in weitestem Ausmaße benötigt. „Wo die Könige bauen,
haben die Kärrner zu tun.“ Ihren Sinn bekommt die empirische
Einzelforschung nur durch ihre Verwendbarkeit als Baumaterial, die
„Theorie“ aber nur durch ihre Verwendbarkeit als Werkzeug oder
Baugerüst, .
Die Geschichte einer Geistwissenschaft wie der Nationalökonomie
erscheint deshalb nicht im Bilde eines wachsenden Berges von Er-
kenntnis oder einer meßbaren Annäherung an ein bestimmtes Ziel
— wie die Geschichte einer Naturwissenschaft —: sie stellt vielmehr
eine Sammlung von Gestalten dar mit eigenem künstlerischem und
philosophischem Gehalt, deren jede aus dem Geiste ihrer Zeit heraus
verstanden. sein will. Vergleichbar darin, wie wir sahen, der Ge-
schichte der philosophischen Systeme und der Kunstischöpfungen.
Von denen aber alle Geistwissenschaft auch wieder sich grundsätzlich
unterscheidet, insofern nämlich, als sie Anspruch darauf erhebt,
reines, allgemeingültiges Sachwissen darzubieten, das heißt eben
Wissenschaft zu sein. In dieser unausgesetzten Spannung
zwischen den Anforderungen der Wissenschaft und der Ver-
lorenheit an Philosophie und Kunst tritt das innerste Wesen
der Geistwissenschaften zutage, liegt aber auch ihre Tragik be-
gründet.
In dieser Eigenart der Geistwissenschaften wird uns nun aber auch
deren objektiver Wert offenbar. Die Wissenschaft in dieser Gestalt
ist selbst ein Dienst an der Kultur, und wir tragen, indem wir Wissen-
schaft treiben, dazu bei, die uns gestellte Aufgabe des Kulturmenschen
zu erfüllen. Nicht nur, indem wir wertvolle Persönlichkeiten ausbilden
helfen, sondern durch die bloße Tatsache, daß wir wertvolle, wissen-
schaftliche Werke schaffen. Diese haben ihren eigenen, selbständigen
Wert neben den Werken der Kunst und der Philosophie. So wie das
schöne Bildwerk oder das große Drama oder die inhaltreiche Sym-
phonie Werte darstellen, auch wenn sich niemand an ihnen erbaut, und
wert waren, geschaffen zu werden, auch ohne daß sie in Menschen-