Full text: Die drei Nationalökonomien

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Streben hinzielt. Die. Monographie kann Teile dieses Gebäudes in 
bereits geprägter Form liefern: Kapitelle, Säulen, Architrave, Friese, 
die dann in den Gesamtbau als solche eingefügt werden. Die nicht 
gestaltete Einzelerkenntnis ist nur Rohstoff, dessen natürlich der Bau- 
meister in weitestem Ausmaße benötigt. „Wo die Könige bauen, 
haben die Kärrner zu tun.“ Ihren Sinn bekommt die empirische 
Einzelforschung nur durch ihre Verwendbarkeit als Baumaterial, die 
„Theorie“ aber nur durch ihre Verwendbarkeit als Werkzeug oder 
Baugerüst, . 
Die Geschichte einer Geistwissenschaft wie der Nationalökonomie 
erscheint deshalb nicht im Bilde eines wachsenden Berges von Er- 
kenntnis oder einer meßbaren Annäherung an ein bestimmtes Ziel 
— wie die Geschichte einer Naturwissenschaft —: sie stellt vielmehr 
eine Sammlung von Gestalten dar mit eigenem künstlerischem und 
philosophischem Gehalt, deren jede aus dem Geiste ihrer Zeit heraus 
verstanden. sein will. Vergleichbar darin, wie wir sahen, der Ge- 
schichte der philosophischen Systeme und der Kunstischöpfungen. 
Von denen aber alle Geistwissenschaft auch wieder sich grundsätzlich 
unterscheidet, insofern nämlich, als sie Anspruch darauf erhebt, 
reines, allgemeingültiges Sachwissen darzubieten, das heißt eben 
Wissenschaft zu sein. In dieser unausgesetzten Spannung 
zwischen den Anforderungen der Wissenschaft und der Ver- 
lorenheit an Philosophie und Kunst tritt das innerste Wesen 
der Geistwissenschaften zutage, liegt aber auch ihre Tragik be- 
gründet. 
In dieser Eigenart der Geistwissenschaften wird uns nun aber auch 
deren objektiver Wert offenbar. Die Wissenschaft in dieser Gestalt 
ist selbst ein Dienst an der Kultur, und wir tragen, indem wir Wissen- 
schaft treiben, dazu bei, die uns gestellte Aufgabe des Kulturmenschen 
zu erfüllen. Nicht nur, indem wir wertvolle Persönlichkeiten ausbilden 
helfen, sondern durch die bloße Tatsache, daß wir wertvolle, wissen- 
schaftliche Werke schaffen. Diese haben ihren eigenen, selbständigen 
Wert neben den Werken der Kunst und der Philosophie. So wie das 
schöne Bildwerk oder das große Drama oder die inhaltreiche Sym- 
phonie Werte darstellen, auch wenn sich niemand an ihnen erbaut, und 
wert waren, geschaffen zu werden, auch ohne daß sie in Menschen-
	        
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