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Die Einstellung bleibt dabei immer dieselbe: zu erkennen ist,
quod Deo placere potest, das ist aber das, was der Lex aeterna gemäß
ist. Dabei wird die Wirtschaft wie in der Antike immer nur als
Mittel betrachtet, das in einen allgemeinen Kosmos der Werte an
einem bescheidenen Platze einzuordnen ist.
Diese Ansichten von der Wirtschaft dauern ein bis zwei Jahr-
hunderte über das Mittelalter hinaus. Das Reformationszeitalter be-
deutet eher eine weitere Abkehr von den weltlichen Dingen (wenn
wir seine Ansichten etwa mit denen der Spätscholastik vergleichen).
Luthers abschätziges Urteil über den Reichtum ist bekannt:
„Reichtum ist die allerkleinste Gabe, die Gott einem Menschen
geben kann. Was ist’s gegen Gottes Wort? Ja, was ist’s noch gegen
die leiblichen Gaben, als Schönheit, Gesundheit und gegen die Gaben
des Gemüts, Verstand, Kunst, Weisheit? Darum gibt unser Herr-
gott gemeiniglich Reichtum den groben Eseln, denen er
sonst nichts gönnet.‘“1
Die wirtschaftstheoretischen Ausführungen der Humanisten und
Reformatoren bringen, was das Verfahren betrifft, grundsätzlich nichts
Neues. Ihre Einstellung ist die der richtenden Nationalökonomie, ihre
Bewertung der Wirtschaft die der Antike und des Mittelalters.
Eine Zeitlang, namentlich während des 18. Jahrhunderts, hat sich
dann die Nationalökonomie um die scholastische Philosophie wenig
gekümmert. Es kamen andere Götter auf, zu denen man betete: die
naturalistische Metaphysik gelangte zur Herrschaft, wie wir das im
nächsten Unterabschnitte verfolgen werden. Erst das 19. Jahrhundert
brachte eine Wiedergeburt der Scholastik und damit auch der
scholastischen Nationalökonomie. die heute mehr denn je in Blüte
steht.
c) Die Scholastik im 19. Jahrhu ndert
Die ersten, die zwar nicht ausdrücklich die Scholastik, aber doch
die katholische Philosophie und Theologie im weiteren Verstande für
eine Grundlegung der Nationalökonomie wieder in Anspruch
nehmen, sind die Romantiker, ist vor allem Adam Müller (1779
bis 1820) in eigener Person, jener Ungefährdenker, der heute wieder
10 M Tuthers Tischreden. WW. 57, 3541.