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bisher Steuerpflichtiger aus jeglicher direkter Steuerpflicht, wenn
nicht gleichzeitig der vom Reichsfinanzminister Hilferding bereits
angekündigte und aus Gründen innerer Bindung und Verantwor—
tung unerläßliche Beweglichkeits- und Verantwortungsfaktor in
Form einer geeigneten Bürgerabgabe eingeführt wird. Daneben
ist es unerträglich, jegliche Bindung auf Senkung der Real—
ste uern zu vermissen. Die überhöhte Gewerbesteuer ist ein Haupt⸗
hindernis wirtschaftlicher Entwicklung. Eine wirtschaftliche Steuer—
reform ohne gesicherte wirksame Minderung der Gewerbesteuer, sei
es ausschließend, sei es mit an erster Stelle, ist nicht denkbar.
Die Erfordernisse, die sich hieraus nach unserer Auffassung
klar für den Gesetzgeber ergeben, sind im Entwurf unserer Er—
klärung in Ziffer IV 2 knapp zusammengefaßt.
Die Fragen der Finanzreform hängen aufs engste mit der
gemeindlichen Selbstverwaltung
zusammen, betrugen die Ausgaben der Gemeinden ohne Hansestädte
doch 1926/27 37 v. H. der Gesamtausgaben der öffentlichen
Hand. Mehr als einmal haben wir uns von den Handelskammern
als Trägern einer Selbstverwaltung der Wirtschaft zu dem Ge—
danken der gemeindlichen Selbstverwaltung bekannt, eingedenk des
Spruches Goethes: „Welche Regierung die beste sei? Diejenige, die
uns lehrt, uns selbst zu regieren.“ Ich bleibe dem auch heute treu.
Aber man darf die Augen nicht davor verschließen, daß diese Selbst—
verwaltung tiefgehende Wandlungen durchgemacht hat. Es kommt
nicht nur auf Gesetze, es kommt mehr auf den Geist der Menschen
an, die sie anwenden. Das Wort von der Krise der Selbstverwal⸗
tung ist von Männern ausgesprochen worden, die der Selbstverwal—
rung sehr nahestehen. Der schlimmste Feind der Selbstverwaltung
steht nicht außerhalb ihrer Mauern. Denn dieser schlimmste Feind
ist die Lockerung des verantwortungsbewußten Zusammenhanges
zwischen Stadt und Stadtbürgertum, ist die Freistellung breitester
Kreise Mitbestimmungsberechtigter von der Mithaftung des Ge—
wissens und des Vermögens. Hier liegen Probleme, die auch und
gerade von den Freunden der Selbstverwaltung nicht mit leichter
Hand beiseite geschoben werden dürfen. Wir begrüßen es, daß vom
Städtetag der Ruf nach stärkerer finanzieller Selbstverantwortung er—
klungen ist, und sehen in dem Zusammenfassen der Städte zur Um—
schuldungsaktion eine selbstverwaltungsmäßige Selbsthilfe, so bitter
die Notwendigkeit dieser Umschuldung zu beklagen ist und manche