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börse? Denn Getreidebörse und Getreidehandel sind für die
Landwirtschaft selbst unentbehrlich. Zum mindesten muß des—
halb von einer solchen Ermächtigung ein sehr vorsichtiger Gebrauch
gemacht werden, nicht allzu kurzfristig und nicht ohne ernste
Beratung. Zum dritten ist es unerläßlich, das Agrarprogramm auf
eine parteipolitisch unbefangene Gesamtbetrachtung der
Dinge wie der Erfordernisse einzustellen. Unter diesen steht die
Notwendigkeit voran, im Osten Menschen zu halten; und deshalb
wird diejenige Betriebsart und -größe die beste sein, die der größt—
möglichen Zahl von Menschen eine der Gesamtwirtschaft zuträgliche
lohnende Beschäftigung ermöglicht. Das gebietet keineswegs eine Zer—
schlagung des Großgrundbesitzes, es gebietet vielmehr seine Erhaltung
im Umfang privat- und volkswirtschaftlicher Erhaltungsfähigkeit, zu—
gleich aber starke Förderung der Bauern- und der Landarbeitersiede—
lung. Und endlich, aber nicht zum mindesten, ist es im Rahmen dieser
Gesamtbetrachtung der Volkswirtschaft unerläßlichedem Ausfuhr—
bedürfnis der Industrie, das zugleich ein Bedürfnis der
Volkswirtschaft ist, die handelspolitischen Möglichkeiten weiter zu
erhalten. Die Kontinuität der Handelspolitik, von
der der Reichskanzler sprach, muß festgehalten werden und damit
das System der Handelsverträge, wie es sich Deutschland seit 1924
wieder geschaffen hat.
Unsere
Ausfuhr
ist in erstaunlicher Weise trotz vieler Hemmungen gestiegen, freilich
nicht nur aus erfreulichen Gründen des Überschusses der nationalen
Wirtschaftskraft, sondern auch aus innerer Bedrängnis. Jedenfalls
aber zeigt dies Anwachsen von 1925 mit 9,3 Milliarden und 1926
mit 10,6 Milliarden auf 18,5 Milliarden im Jahre 1929 und mehr
noch das Anwachsen der Fertigwarenausfuhr von 6,6 auf 9,8 Mil—
liarden, daß in der Welt immer noch Platz für deutsche Waren ist
Daß unsere Einfuhr sich ziemlich gleichmäßig bewegte, auf land—
wirtschaftlichem Gebiet vor allem vom Ernteausfall bestimmt, auf
dem Gebiete der Rohstoffe durch den internationalen Preisstand,
ist ein Zeichen, daß die Möglichkeiten einer aktiven Gestaltung
unserer Handelsbilanz auch für längere Zeit näher liegen, als
befürchtet wurde. Freilich zeigen die letzten Monate 1929 und
die ersten 1930 ein Sinken der Fertigwarenausfuhr, das nicht etwa