Wirtschaftslage Deutschlands
Menschen von den Farmen in die Städte, im Jahre 1920 standen 4,7%
der bewohnbaren Farmhäuser leer, in den beiden folgenden Jahren
wurden 5,7 und 7,3% von ihren Bewohnern verlassene Farmen
{derelict farms) gezählt. „Das Unheil“, so bemerkt Sering auf Grund
amtlicher Quellen, „ist durch die Preisverhältnisse herbeigeführt
worden, durch gestiegene Produktionskosten und erhöhte Preise für
die Notwendigkeiten des Farmhaushaltes“.
In Europa ist die Sicht in die Wirkungssphäre der weltwirtschaft-
lichen Krisis insofern verschleiert, als man zwischen Ländern mit
anberührter, gesunder Währung und solchen der Inflation zu unter-
scheiden hat, Die Inflation hat die Eigenschaft, die Verarmung zu
überdecken, was wir in Deutschland am deutlichsten erprobt haben.
Heute sind wir ein Land mit zwar stabiler Währung und gesunder
Finanzpolitik, aber um so deutlicher erkennbarer Verarmung. Unser
Volksvermögen wurde für das Jahr 1922 auf 35700 Millionen Dollar
von einer amerikanischen Quelle gegenüber 77 783 Millionen für das
Jahr 1912 geschätzt. Unsere Handelsbilanz ist um mehrere Milliarden
Goldmark passiv, während sie angesichts des Schwundes unserer
Zahlungsbilanz und im Hinblick unserer uns aufgelegten Auslands-
verpflichtungen aktiv sein und unsere Ausfuhr zur Deckung unserer
Auslandsverpflichtungen auf fast das 21/,fache der Gesamtausfuhr
des Jahres 1924 gesteigert werden müßte.‘) Allein, auch hier stößt
eine „welt“-wirtschaftliche Bewertung dieser „Verarmung“ auf
Schwierigkeiten. Denn weltwirtschaftlich gesehen wird natürlich ein
großer Teil der Verarmung der besiegten Länder — soweit sie
nämlich auf die Schmälerung ihrer Wirtschaftsbasis zurückzuführen
ist — eine „Bereicherung“ der Siegerländer und ihrer kleineren Ver-
bündeten bedeuten, wie etwa die Abtretung unserer Eisenerzlager
in Lothringen an Frankreich, Ackerländer in der Ostmark an Polen,
ebenso wie die Zerstückelung Österreichs und die Losreißung Tirols
zunächst als „Gewinn“ der neu gebildeten Staaten und Italiens zu
buchen ist.) Aber gerade weil dies berücksichtigt werden muß.
x%
4) Nach den Angaben der Vereinigung der deutschen Arbeitgeber-
verbände, Geschäftsbericht. Berlin 1925. S. 142 ff,
5) Daß der Ausgleich bezüglich der Montanindustrie auf dem Kon-
tinent nicht vorhanden war, sondern daß sich die Produktionsverhält-
nisse, hier weltwirtschaftlich gesehen, durchaus als rückläufig erwei-