Symptome der Weltwirtschaftskrisis
JI. CHRONISCHE WELTWIRTSCHAFTSKRISIS UND VERRIN-
GERTES WELTHANDELSVOLUMEN
1. DIE WELTWIRTSCHAFTLICHE KONJUNKTUR DER GEGENWART
„Obschon acht Jahre seit dem Waffenstillstande vergangen sind,
sind wir noch keineswegs aus unseren Sorgen heraus. Der Schaden,
der durch den Krieg dem Handel, dem Geschäft und dem Kredit zu-
gefügt wurde — damit auch den Löhnen und der Arbeiterbeschäf-
tigung —, kann wahrscheinlich erst in Jahren ausgeglichen werden.
Es dauerte nach den Napoleonischen Kriegen mindestens 15 Jahre,
bis normale Zeiten wiederkehrten.“ Diese Worte hat der frühere
englische Premierminister David Lloyd George unlängst in dem
Vorwort zu einem Buche ausgesprochen, dessen Verfasser Parallelen
zwischen der Folgezeit der Napoleonischen Kriege und derjenigen
des Weltkrieges zieht.!)
In der Tat, die Dauer der Weltwirtschaftskrisis wird beunruhi-
gend. Sie wirkt vielleicht beunruhigender als die Symptome dieser
Krisis selbst, die, wie etwa die Zahl der 13000000 Arbeitslosen in
England, der Währungszusammenbruch in der Inflationszeit Deutsch-
lands, das Festliegen einer ganzen „Flotte“ von Handelsschiffen in
Amerika, wohl Außergewöhnliches bedeuten, aber immerhin als
„vorübergehende“ Nachkriegserscheinungen begreiflich erscheinen
könnten. Das Gefahrvolle, heute alle Länder in Furcht versetzende
Moment der Nachkriegsentwicklung der Weltwirtschaft liegt in
ihrem chronischen Charakter. Auch die Vergleiche mit früheren
Epochen sind hierin kein Trost. Denn während zu Anfang des
19, Jahrhunderts die Wirtschaftsstaaten immerhin den Vorteil einer
hoch weitgehenden Selbstversorgung hatten, sind sie seitdem so
sehr durch Beziehungen des Austausches miteinander verflochten
worden, daß die Desorganisation der Weltwirtschaft volkswirt-
schaftlich weit Schlimmeres bedeutet. Den Gegenbeweis hierfür bie-
1) Vgl. das interessante Buch von Mrs. H, A. L. Fisher, Then and
Now. Oxford University Press. London 1925. S. V.
Levy, Weltmarkt