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2) Wie viel neue Gebäude in dem Orte seit der letzten
Zählung aufgeführt wurden?
3) Wie viel Wohngebäude durch Aufsetzung von Stock
werken erweitert wurden?
4) Wie viel Gebäude total und partial durch Brände in der
Zwischenzeit von der letzten Zählung bis zur diesmaligen
zerstört wurden?
5) Wie viel Gebäude zum Zweck des Neubaues oder zu
öffentlichen Zwecken abgetragen wurden?
6) Wie viel Gebäude auf sonstige Weise demolirt wurden?
Freilich ist es, um diese Fragen möglichst präcis zu be
antworten, unerlässlich, den Begriff Gebäude oder Haus be
stimmt zu bezeichnen. Da wo ein allgemeines Gebäudecataster
vorhanden ist, wo also der Begriff Haus und Gebäudecomplex
durch das Cataster festgestellt ist, hat dies keine Schwierig
keiten, wohl aber da, wo noch Unsicherheit darüber herrscht,
was als Haupt- oder Nebengebäude zu betrachten sei.
Ferner ist die Ortsliste dazu zu benutzen, die Zu- und
Wegzüge auf das Genaueste zu ermitteln. Auch in dieser Be
ziehung darf auf den Vorgang im Königreich Sachsen ver
wiesen werden. Dort ist lediglich durch die Ortslisten das
Material zu einer Auswanderungsstatistik beschafft worden,
welche an Genauigkeit und Vollständigkeit nur wenig zu
wünschen übrig lässt.
So ist also bei der Methode der individuellen und nament
lichen Zählung von Haushalt zu Haushalt mittels Anwendung
von Haushaltslisten unter Mitwirkung der Bewohner selbst
das ganze System der Listen und der durch die Volkszählung
zu ermittelnden Thatsachen Folgendes:
1) Haushaltungslisten — zur Erhebung der Zahl und der
Beschreibung der Bevölkerung, für letzteren Zweck
verbunden mit gewerblichen und commerziellen
Fragen. Auszufüllen durch die Haushaltungsvorstände,
resp. Familienhäupter.
Eine besondere Art der Haushaltungslisten zur
Erhebung der Zahl und Beschreibung der flottirenden
in Extrahaushaltungen lebenden Bevölkerung sind die
Extralisten. Auszufüllen durch die administrativen
Vorstände der betreffenden Anstalten.
2) Hauslisten — zur Controle der Haushaltungslisten, eventuell
mit Fragen über Landwirthschaft und Vieh
haltung und über den Werth und die Ver
schuldung der Grundstücke zu verbinden.
Auszufüllen durch die Besitzer resp. Administratoren
von Grundstücken.
3) Ortslisten — zur Controle des richtigen Wiedereingangs
der Haus- und Haushaltungslisten, eventuell mit An
fragen über die baulichen Veränderungen in den
einzelnen Wohnplätzen des Staats, so wie über die
Zu- und Wegzüge zu verbinden. Auszufüllen
durch die Ortsobrigkeiten.
Es ist ausdrücklich zu bemerken, dass sämmtliche der
vorn genannten Listen Urlisten sind und noch keine Ta
bellen. °) Wie die Angaben in den Listen zu Tabellen zu ver
arbeiten, wie die in den Haushaltungslisten zu Hausresultaten,
die Hausresultate zu Ortsresultaten, die Ortsresultate zu Kreis
resultaten, die Kreisresultate zu Bezirksresultaten und diese
wieder zu Provinzial - und Landesresultaten zu concentriren
und zu condensiren sind — das ist Sache späterer Ausführung.
Nur Das möchte an dieser Stelle noch zu erwähnen sein, dass
sowohl für die Erhebung der Zahl und die Beschreibung ge
wisser Zustände, welche durch die Volkszählung zur Ziffer
zu bringen sind, auch diejenigen Controlmittel in Anwendung
kommen, die bereits existiren und aus andern administrativen
oder fiscalischen Gründen aufs Genaueste geführt werden.
So sind z. B. die Tabellen und Revisionsberichte der Dampf
kesselinspectoren ein sehr werthvolles Material für die Dampf
maschinenstatistik, die Steuerlisten der directen Steuerbehörden
ein solches für die richtige und sachgemässe Treffung dessen,
wer als Fabrikant zu betrachten sei. Nicht minder werden
die Erhebungen der Bergbehörden über die berg- und hütten
männischen Etablissements, die der indirekten Steuerbehörden
über die Brennereien, Brauereien, Rübenzuckerfabriken, über
den Tabakbau und die Mostgewinnung u. a. m. nicht blos als
Controle dienen können, sondern besser noch als Quelle,
woraus gleichzeitig der Vortheil erwächst, Doppelerhebungen
und mögliche Nichtübereinstimmungen der durch verschiedene
Behörden publicirten Schlussresultate vermeiden zu können.
*) Wir unterscheiden streng zwischen Liste und Tabelle. Erstere
bezieht sich stets auf die Species, auf das einzelne Individuum. In
Letzterer ist die Species, das Individuum, nicht mehr erkennbar; sie
enthält schon ein concentrâtes Resultat, eine Zusammenfassung und
Gruppirung der Angaben aus den Listen.
Ist im Vorstehenden der Beweis geführt, dass die 7. Me
thode in den Staaten, die öfters zählen müssen, und die des
halb nicht so grosse Mittel auf einen Census verwenden kön
nen, die beste und rathsamste ist, so ist es andererseits doch
auch leicht zu constataren, dass bei den preussischen Volks
zählungen bis auf den heutigen Tag fast sämmtliche der vorn
genannten Methoden nebeneinander in Uebung sind und nichts
weniger als ein allgemeines Verfahren, eine einheitliche Me
thode beobachtet wird.
Demungeaehtet würde es ungerecht sein, nicht anerkennen
zu wollen, dass Preussen von je her in Betreff der deutschen
Bevölkerungsstatistik den Anstoss zum Fortschritt gegeben hat,
wie dies einestheils die zur Zählung der Bevölkerung nament
lich seit dem Jahre 1840 erlassenen Verordnungen, andern-
tlieils die Publicationen von Hoffmann und Dieterici be
weisen. Dieser Entwickelungsprocess lässt sich am Uebersicht-
lichsten tabellarisch veranschaulichen, und es ist dies durch
das synoptische Tableau in Beilage A. geschehen. Das Arran- x
gement dieses Tableaus vereinigt zugleich den Vortheil, auch
Das erkennen zu können, was zur weitern Ausbildung der
preussischen Bevölkerungsstatistik fernerhin zu thun ist und
gethan werden muss, wenn Preussen nicht hinter andern Staaten
Zurückbleiben will.
Um auch der vergleichenden Statistik ein immer grösseres
Gebiet zu erobern und ihr den ihr zukommenden Einfluss
einzuräumen, werden sich nothwendigerweise die Fortschritte
der preussischen Statistik in den Bahnen bewegen müssen,
Welche durch die (von den competentesten Männern gefassten)
Beschlüsse auf den statistischen Congressen angedeutet worden
sind. Von besonderer Wichtigkeit sind die Beschlüsse des
Londoner Congresses im Jahre 1860. Dieselben sind keines- •
wegs der Art, dass, um ihnen gerecht zu werden, das ganze
bisherige preussische Zählungsverfahren auf den Kopf gestellt
werden müsste. Im Gegentheil. Sie nehmen in sehr aner-
kennenswerther Weise auf die verschiedene Cultur der ein
zelnen Länder Rücksicht und sprechen Das, was eigentlich
die Verwaltung und die Wissenschaft in jedem Lande gebie
terisch fordert, nur bescheiden als Wünsche aus. Selbst aber,
wenn sie Forderungen wären, was sie nicht sind und niemals
sein können, so bedürfte es nur weniger Veränderungen, da
mit die preussischen Volkszählungen in die Reihe der voll
kommensten Werke dieser Art eintreten.
Der Sinn der Londoner Beschlüsse ist folgender:
1. Es ist wünschenswerth, dass der Census ein namentlicher
sei und auf das Princip der feetischen Bevölkerung ge
gründet werde. Doch sind gleichzeitig Anstalten zu tref
fen, um auch die Ziffer der rechtlichen Bevölkerung
durch Aufzeichnung der zur Zeit der Zählung vorüber
gehend Abwesenden feststellen zu können.
2. Es ist wenigstens aller 10 Jahre ein Census aufzunehmen.
Wo in kürzeren Zwischenräumen gezählt wird, ist es
nicht erwünscht, hieran etwas zu ändern.
3. Die Erfahrung hat bestätigt, dass, wenn die Zählung im
ganzen Lande an einem Tage begonnen und zu Ende
gebracht wird, diess der Genauigkeit derselben grossen
Vorschub leistet. Wenn dies aus irgend welchen Gründen
in manchen Gegenden unausführbar ist, so ist es doch
wünschenswert!), dass die Zählung innerhalb einer ge
wissen, so kurz als möglich bemessenen Zeitperiode
beendigt werde. Jedenfalls müssen die Aufzeichnungen
sich auf den Bevölkerungszustand eines einzigen, für das
ganze Land gleichmässig bestimmten Tages beziehen.
4. Obgleich sich die Bevölkerung im Monat December in
den meisten Staaten am wenigsten in Bewegung befindet,
und darum dieser Monat der geeignetste zur Zählung ist,
so muss doch gegenüber der Nothwendigkeit, die Zäh
lung an einem Tage zu beenden, die Wahl der Jahres
zeit und des Tages der Zählung der Specialerwägung
anheimgestellt bleiben.
5. Jeder Familie oder Haushaltung ist eine besondere Liste
zu behändigen, in welche alle die über ihre Glieder zu
sammelnden Nachrichten einzutragen sind.
6. Die Zähler, welchen die Austheilung und Wiedereinsamm
lung der Listen obliegt, haben darauf zu achten, dass
letztere richtig ausgefüllt sind, erforderlichenfalls selbst
die Ausfüllung nach den Angaben der Familienhäupter
und Haushaltungsvorstände vorzunehmen. Um Vollstän
digkeit und Genauigkeit zu erzielen, ist es nöthig, dass
das Gesetz, welches die Zählung anordnet, eine Strafe
Denjenigen androht, welche die einzuziehenden Nach
richten verweigern, oder sie wissentlich falsch geben.
7. Weil mit dem Worte »Familie« ein fest bestimmter Be
griff nicht leicht zu verbinden ist, so ist dafür der Begriff
Haushaltung zu substituiren und als Haushaltungsvorstand
eben sowohl Derjenige anzusehen, welcher der Eigen-