Object: 10 Jahre Wiederaufbau

ÖSTERREICHISCHE HEILMITTELSTELLE 
Von der Erkenntnis der Notwendigkeit ausgehend, für 
Heil-, Pflege-, Wohlfahrtsanstalten sowie Sozialversiche- 
rungsinstitute, aber auch für die Bevölkerung eine Stelle 
zu schaffen, die alle in das Heilmittelwesen fallenden 
Präparate, Verbandstoffe, chirurgische Materialien, Heil- 
behelfe usw. billig herstellt, bzw. vertreibt, wurde die 
Oesterreichische Heilmittelstelle G.A. auf Grund 
des Gesetzes vom 20. Juli 1919 über gemeinwirtschaft- 
liche Unternehmungen errichtet und hat diese ihre 
Tätigkeit am I. November 1919 auch aufgenommen. Laut 
den mit Kabinettsratbeschluß vom 30. September 1919, 
Zahl 786, genehmigten Satzungen ist unter anderem 
Gegenstand des Unternehmens die Belieferung öffent- 
licher Heil-, Pflege-, Wohlfahrtsanstalten und: anderer in 
Betracht kommender Stellen mit Arzneimitteln und 
sonstigen Heilbehelfen sowie Material zur Kranken- 
pflege; weiters die Herstellung, der Ein- und Verkauf 
von Arzneimitteln, Heilbehelfen und allen sonstigen hier 
in Betracht kommenden Materialien; ferner die Erwer- 
bung und Verwertung aller in die Erzeugung und den 
Vertrieb von Arzneimitteln und sonstigen Heilbehelfen 
einschlägigen Patenten, Konzessionen, Lizenzen, Marken 
usw. Demgemäß besteht die Oesterreichische Heilmittel- 
Stelle G. A. aus dem Fabriksbetrieb, dem kom- 
merziellen Betrieb, der angegliederten staatlich auto- 
risierten Technischen Versuchsanstalt sowie der 
Oesterreichischen Arznei-und Gewürzpflanzen- 
kulturgesellschaft m. b. H. „Medica”, 
Der Fabriksbetrieb umfaßt die hhemisch-pharmazeutische 
und die Verbandstoffefabrik. Außerdem eine besondere 
Abteilung zur Herstellung von verschiedenen‘ Desinfek- 
tionsmitteln. Der kommerzielle Teil besteht aus der 
Ein- und Verkaufsabteilung, welch letztere nicht nur den 
Verkauf der selbsterzeugten Waren, sondern auch den 
Drogengroßhandel besorgt. Die Technische Versuchs- 
anstalt wurde errichtet, um hauptsächlich der Industrie 
die Möglichkeit zu geben, ihre für die Fabrikation not- 
wendigen Rohstoffe und auch Erzeugungen chemisch 
und technisch billig und einwandfrei überprüfen lassen 
zu können. Auch hier Jäßt sich ein stetig steigender 
Erfolg feststellen. Die eigenen Arzneipflanzenkulturen 
befassen sich hauptsächlich mit der Kultivierung hoch- 
Wertiger Arzneikräuter. Es wird hiebei nicht nur auf das 
Erträgnis quantitativ, sondern auch auf die Qualität der 
Heilkräuter besonderes Gewicht gelegt und ist es bereits 
bei vielen Kräutern gelungen, die Qualität zu ver- 
bessern, so daß die Heilkräuter, was den Gehalt an 
Wirksamen Stoffen betrifft, in der veredelten Form mehı 
Inhaltsstoffe aufweisen als die wildwachsenden Pflanzen. 
Außerdem wurde eine Sammeltätigkeit für andere 
Kräuter, deren Kultivierung aus klimatischen Gründen 
Nicht möglich ist, mit nennenswertem Erfolg durchgeführt. 
Die Oesterreichische Heilmittelstelle G. A. zählt nich 
Nur, ihrem Zweck entsprechend, die öffentlichen Heil-, 
Pflege- und Wohlfahrtsanstalten Oesterreichs bereits seit 
langem zu ihren Abnehmern, sondern auch alle anderen 
Sanitären Einrichtungen der Industrie, die wissenschaft- 
lichen Institute, die Drogenbranche und zum Teil auch 
die Apotheken. Außerdem beschäftigen viele Kreise der 
'ndustrie ständig und regelmäßig die Technische Ver- 
suchsanstalt der Heilmittelstelle. 
Für die große Oeffentlichkeit kommen die abgepackten 
Arzneimittel der Heilmittelstelle in ‚Betracht, die eine 
wesentliche Verbilligung des Arzneikonsums 
auch der nicht bei einer Krankenkasse versicherten Be- 
völkerungsschichte bedeuten. Schon bei den der Gründung 
Jer Heilmittelstelle vorausgehenden Besprechungen 
zwischen den interessierten Stellen war als eine Aufgabe 
ler Heilmittelstelle in Aussicht genommen worden,. den 
3Zezug der gebräuchlichsten und wichtigsten Medikamente 
‘ür. die breiten Massen der Bevölkerung durch Dar- 
ietung von einheitlich abgepacten, einfach ausgestatteten 
\rzneien in der durchschnittlich gebräuchlichsten Dosierung 
zu verbilligen. Die Auswahl der in Betracht kommenden 
\rzneien erfolgte auf Grund der Anträge eines Fach- 
»eirates. Von diesen abgepackten Arzneimitteln, welche 
ın Form von abgepackten Tabletten und Ampullen er- 
zeugt werden, wurden im Jahre 1920 345.000 Packungen 
ıbgegeben, während im verflossenen Geschäftsjahr 1027 
»ereits weitaus über 2,000.000 nur im Inlande in den 
Verkehr gelangten, was den Anklang dieser Medikamente 
ei den Aerzten und Patienten beweist. Aerzte und 
>ublikum haben die Vorteile der abgepackten Arznei- 
nittel der Heilmittelstelle rasch begriffen, drängen selbst 
ıuf die Abgabe der Heilmittelstellepräparate und ver- 
langen, den Kreis derselben zu erweitern. Was die 
sonstigen selbsterzeugten sowie auch die durch den kom- 
nerziellen Teil in den Verkehr gebrachten Präparate 
yetrifft, ist es bekannt, daß auch bei. diesen die Heil- 
nittelstelle in hervorragender Weise preisregulierend 
wirkt. 
Der Personalstand der Heilmittelstelle betrug nach 
Zeginn ihrer Tätigkeit 60 Angestellte und Arbeiter und 
jeträgt jetzt insgesamt zirka 270, er hat sich daher bei- 
äufig vervierfacht. Die Personalvermehrung ist eine 
stetige, was die gesunde Weiterentwicklung der Heil- 
nittelstelle trotz vieler Anfeindungen beweist. Es dürfte 
eider wenige Betriebe in Oesterreich geben, die in der 
letztzeit auf diesen Erfolg hinweisen können. Aber nicht 
ıur die Zahl der Mitarbeiterschaft, sondern auch ihre 
Qualität verdient besonders hervorgehoben werden. Es 
nuß besonderes Vertrauen erwecken, wenn man in Be- 
Tracht zieht, daß die Heilmittelstelle unter anderem 
4 Magister der Pharmazie, 12 Chemiker, I Arzt, I Bo- 
:aniker, 2 Ingenieure, 36 Drogisten und auch 27 qualifi- 
zierte Arbeiter beschäftigt. Alle Zweige der Facharbeiten 
verden nur von qualifizierten Angestellten und Arbeitern 
lurchgeführt, bzw. überwacht, 
Die Zahl der im Geschäftsjahre 1920 eingelaufenen 
Bestellungen betrug 6808. Im Jahre 1927 war die Zahl 
der Bestellungen gegen 50.000, im laufenden Geschäfts- 
‚ahre 1928 waren bereits bis 3l. August über 40.000 
ıngelaufene und ausgeführte Bestellungen zu verzeichnen, 
Auch diese Vermehrung der Aufträge gewährt einen 
arfreulichen Ausblick in die Zukunft, wenn man ins- 
aesondere in Betracht zieht, daß nicht nur die Zahl der 
Aufträge, sondern auch der Umfang derselben bedeutend 
zugenommen hat.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.