II. Tlieil. Statistik der Sterbefälle.
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bei denen an Altersschwäche wenigstens den zweithöchsten
Rang (das Haupt-Eintrittsalter der Frauen ist das 50. Lebens
jahr) einnimmt.
Inwieweit die durch Tab. XIII eonstatirten Erfahrungen
mit den allgemeinen übereinstimmen, mag die medicinische
Kritik entscheiden.
Y. Kapitel.
Beziehungen zwischen dem ärztlichen Befund
zur Zeit der Aufnahme und der Todesursache.
Nach §46 der Bankverfassung ist die Versicherung solcher
Personen ausgeschlossen, welche nicht »einer guten Gesundheit
gemessen«. Aber, wie schon an anderer Stelle (Th. I. Kap. I.)
ausgeführt, fordert die Bank, wie alle anderen Lebensversiche
rungsanstalten, nicht vollkommene, oder ideale, sondern sie
fordert nur normale Gesundheit von Denen, die sie zur Ver
sicherung aufnimmt. Sie schliesst nicht von Vorneherein die
Versicherung solcher Personen aus, deren Organismus irgend
welche Abweichungen von dem idealen Organismus zeigt; aber
sie enthält sich der Versicherung solcher Personen, deren Or
ganismus eine Verkürzung der normalen Lebensdauer befürchten
lässt. Wo sie früher überstandene Erkrankungen, selbst erheb
liche, constatirt, prüft sie, ob dieselben Nachwirkungen be
fürchten lassen, oder ob der Krankheitsprocess längere Zeit
bereits gänzlich abgeschlossen ist, und nur im letzteren Falle
gewährt sie, wenn alle sonstigen Umstände günstig sind, Ver
sicherung. Selbst da, wo sie habituelle Krankheitsanlagen ent
deckt, verhält sie sich nicht a priori und unbedingt abwehrend;
diese Anlagen müssen nur jede Besorgniss einer Verkürzung
der Lebensdauer ausschliessen. Endlich werden bei der Prü
fung der Aufnahmefähigkeit selbstverständlich die Einflüsse der
Heredität sorgfältig berücksichtigt; aber auch diesen wird nur
dann ein Gewicht beigemessen, wenn in dem einzelnen Falle
die Befürchtung, dass sie schädlich fortwirken könnten, nach
ärztlichem Ermessen nicht ausgeschlossen ist.
Um nun die Richtigkeit der Grundsätze, welche für die
Berücksichtigung oder Ausserachtlassung der bei der ärztlichen
Prüfung zu Tage getretenen irgendwie bemerkenswerthen Mo
mente maasgebend sind, controliren zu können, wird jede
einzelne Versicherung ärztlich charakterisirt und zwar, im
Interesse der Statistik mit bestimmten Zeichen. Diese Zeichen
werden auch an betreffender Stelle den Zählkarten auf
geschrieben. So lässt sich in Sterbefällen ermitteln, ob und
welche Beziehungen sich zwischen der ärztlichen Charakteristik
zur Zeit der Aufnahme einerseits und der Todesursache, der
Versicherungsdauer, dem Alter beim Tode u. s. w. andererseits,
ergeben.
Die Zeichen, deren man sich bedient, sind aber die fol
genden :
1. Gg bedeutet: frei von allen erkennbaren Krankheits-Dis
positionen, völlig normal organisât.
2. Organische Anomalien werden folgendermaasen be
zeichnet:
Cp bedeutet: Hagerkeit mit Spuren von phthisischem
Habitus.
Ca » Corpulenz mit Spuren von apoplektischem
Habitus.
Co » Verkrümmung des Rückgrates.
Cb » Eingeweidebruch vorhanden.
Kl
Kb
&
Habituelle Krankheits-Anlagen bezeichnet man wie
nachsteht :
Ac bedeutet: Anlage zu Katarrh.
Alt » Hämorrhoiden und Unterleibsplethora,
Varices u. Varicocele.
Al » Vergrösserte Leber.
Ag » Anlage zu Gicht und Podagra.
Ar » Anlage zu Rheumatismus.
Vorerkrankungen werden markirt wie folgt ;
Ks bedeutet: der Versicherte hat an Scropheln gelitten.
Ko » der Versicherte hat an Syphilis gelitten.
Kr » der Versicherte hat an acutem Rheuma
tismus gelitten.
» der Versicherte hat an Lungenentzündung
entweder überhaupt zweimal oder in den
letzten 10 Jahren einmal gelitten.
» der Versicherte hat an Blutspucken gelitten.
» der Versicherte hat innerhalb der letzten
10 Jahre an Wechselfieber gelitten.
5. Krankheiten der Eltern und Geschwister, wenn
eines der Eltern oder mindestens zwei Geschwister mit
der betr. Krankheit behaftet gewesen, werden folgender-
maasen bezeichnet:
Et bedeutet: Es war Tuberkulose nachgewiesen.
Ek » Es war Krebs nachgewiesen.
Eg » Es war Gicht, oder acuter Rheumatismus
nachgewiesen.
Eh » Es war Herzleiden nachgewiesen.
Ec » Es war Gehirn- oder Geisteskrankheit
nachgewiesen.
Das Zeichen Gg kann selbstverständlich nicht combinât
mit den C- und M-Zeichen, wohl aber in Verbindung mit den
K- und A-Zeichen Vorkommen. Schon hieraus ergiebt sich
eine grosse Zahl von Combinationen. Aus der Möglichkeit
gemeinschaftlichen Auftretens der Zeichen der vier anderen
Klassen in den mannigfaltigsten Combinationen ergiebt sich
eine sehr erhebliche Zahl von Klassen. — Unsere Tabelle Xl\
weiset 288 solcher Klassen und ausserdem eine für die nicht
charakterisirten (im Ganzen nur 52) Karten auf. Eine grössere
Zahl von Zeichen und Zeichen-Combinationen kam auf den
Sterbefallkarten der ersten fünfzig Jahre nicht vor. Wie aus
der Tabelle ersichtlich, sind auch weitaus die meisten dieser
Klassen nur mit einer sehr geringen Zahl von Fällen besetzt.
Aus der Fülle von Thatsachen, welche diese Tabelle ent
hält, ist es schwer, einzelne zu besonderer Betrachtung heraus
zuwählen. Die Tabelle selbst aber unverkürzt mitzutheilen,
bestimmt uns die Annahme, dass sie vielleicht der ärztlichen
Statistik in der einen oder anderen Richtung werthvolle Dienste
leisten könne. Freilich wäre es zu dem Ende besonders er
wünscht gewesen, wenn wir gleichzeitig hätten angeben können,
wie lange Zwischenräume zwischen der Aufnahme oder dem
Zeitpunkte der Gesundheitscharakteristik, und dem Tode in
Folge der einen oder anderen Todesursache, liegen. Je grösser
der Zwischenraum, je zweifelhafter wird der ursächliche Zu
sammenhang. Diese Combination der Tabellen XIV und XVII
aber, welche beide an sich schon sehr umfangreich sind, würde
uns offenbar zu weit geführt haben.
Bei der gerechtfertigten Scheu, welche alle Lebens
versicherungspraktiker vor dem hereditären Einflüsse der 1 u -
berkulose und des Krebses haben, wollen wir an dieser
Stelle in erster Linie neben einer Betrachtung des Schicksals
Derer, welche bei der Aufnahme mit Gg bezeichnet wurden,
einer Betrachtung der bei den mit Et und Ek allein oder in
Verbindung mit anderen Zeichen Charakterisirten beobachteten