Full text: Russlands Handels-, Zoll- und Industriepolitik von Peter dem Großen bis auf die Gegenwart

Vorwort 
An Richland ist seit einigen Jahren die Nötigung dringender denn 
je zuvor herangetreten, seinen wirtschaftspolitischen Aufbau einer ein 
gehenden Revision zu unterziehen, weil die Grundmauern des geltenden 
volkswirtschaftlichen Systems hier und da rissig geworden zu sein scheinen. 
Die Landwirtschaft in weiten Teilen des Reichs ist unverkennbar im 
Niedergänge begriffen; die Industrie war am Ausgange des alten Jahr 
hunderts in eine schwere Krisis hineingeraten, deren üble Folgen erst zu 
weichen anfingen, als die Schatten des in Ostasien entbrannten Krieges 
über das Erwerbs- und Geschäftsleben sich lagerten; der Ausfuhrhandel 
war schon in den neunziger Jahren von einer Stockung befallen, die bei 
gleichzeitig anwachsender Mehreinfuhr die Handelsbilanz beträchtlich ver 
schlechterte und dadurch die Bürgschaft für die Sicherheit der Goldwährung 
beeinträchtigte. Alle diese Momente, zu denen Besorgnisse wegen der 
Finanzlage hinzutraten, mußten den verantwortlichen Staatsmännern die 
Pflicht zuschieben, den Gründen solcher Schwächeanwandlungen des volks 
wirtschaftlichen Organismus nachzuforschen, um je nach Erfordernis die 
ökonomischen Unterlagen der nationalen Volkswirtschaft einer Umarbeitung 
zu unterziehen. Die infolgedessen in verschiedenen Richtungen angestellten 
Erwägungen sind gegenwärtig zum Teil noch in der Schwebe, so daß 
zur Zeit sich nicht mit Sicherheit ermessen läßt, in welchem Umfange und 
in welcher Weise eine Neuordnung der wirtschaftspolitischen Konstruktion 
von unserem Nachbar im Osten verwirklicht werden wird. Ein Hauptstück 
aller angestrebten Neugestaltungen aber hat im Abschluß eines neuen 
deutsch-russischen Handelsvertrages bereits seine Erledigung gefunden. 
Dadurch werden die wirtschaftlichen Beziehungen Rußlands zu Deutschland, 
vorbildlich aber auch zu anderen Staaten, auf eine lange Reihe von 
Jahren in eine festumgrenzte Ordnung gebracht. 
Da mag es denn angebracht sein, zurückzublicken auf die Wandlungen 
der russischen Wirtschaftspolitik, besonders insoweit sie auf industriellem 
und merkantilem Gebiet die Interessen des deutschen Nachbars berühren. 
Aus der allgemeinen Charakteristik der Handels- und Jndustriepolitik in 
den aufeinanderfolgenden Zeitperioden ergibt sich eine Übersicht über das
	        
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