Full text: Das Lebenswerk von Karl Marx

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„Die Proletarier haben nichts zu verlieren als ihre Ketten: sie haben j 
eine Welt zu gewinnen." Eine „Welt": etwas ganz Leeres, ganz 
Abstraktes, ganz Unsinnliches. 
Man hört alte jüdische Propheten reden. Aber auch von denen 
hat Marx nichts als die Starrheit der Gesinnung. Nichts von dem 
Schwung ihrer Gefühle, nichts von ihrem großen Pathos. Niemals 
oder fast niemals wendet er sich an die großen Leidenschaften der 
Menschen, niemals ruft er die Massen auf, für die großen Ideale 
der Wahrheit und Gerechtigkeit in den Tod zu gehen; etwa wie es 
die Prinzip gewordenen Helden der Montagne dereinst getan hatten. 
Er spottet eher über die, die diesen Idealen ihr Leben opfern. „Sie 
(die Arbeiterklasse) hat keine Ideale zu verwirklichen; sie hat nur 
die Elemente der neuen Gesellschaft in Freiheit zu setzen, die sich 
bereits im Schoße der zusammenbrechenden Bourgeoisgesellschaft ent 
wickelt haben." Also ein schemenhafter, blutleerer Dogmatismus an 
Stelle blühender, hinreißender, lebendiger Begeisterung. 
Und trotz aller dieser abstoßenden Züge doch diese unerhörte 
Sieghaftigkeit der Marx'schen Doktrin! Wie sollen wir uns das 
erklären?! 
Einem Teil der Gründe bin ich in meiner Schrift „Sozialismus 
und soziale Bewegung'") nachgegangen, auf die ich den Leser für 
alle Einzelheiten verweisen muß. Was ich dort an Gründen für die 
Sieghaftigkeit der Marx'schen Ideenwelt angeführt habe, könnte 
man als die realen Werte der Lehre bezeichnen; weil es diejenigen 
sind, die wirklich vorhanden sind, weil es sich um Gedankenschöpfungen 
handelt, die Marxens eigenstes Werk sind, die auch so wie sie Marx 
gemeint hat, aufgefaßt werden und die auch einer späteren Kritik 
') 6. Aufl., Jena 1908.
	        
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