Full text: Das Lebenswerk von Karl Marx

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weisen" läßt sich die Richtigkeit der einen Auffassung ebensowenig 
wie die der anderen, weil die letzten Gründe für den Entscheid des 
einzelnen in den Tiefen der persönlichen Überzeugung ruhen. Was 
aber für die Nichtigkeit des von Marx vertretenen Standpunktes 
immerhin einiges Beweismaterial liefert, ist der Umstand, daß die 
Geschichte uns noch kein Beispiel einer freiwilligen Entäußerung von 
Klassenvorrechten ausweist, zum mindesten will ich sagen: daß wir 
für jeden solcher Fälle, die dafür etwa angeführt werden konnten, 
eine realistische, nüchterne Beweisführung mühelos antreten können. 
Wir haben andererseits unzählige Beispiele in der Geschichte, wo 
irgendwelche Reform von wohlwollenden Menschenfreunden, etwa 
ideologischen Bureaukraten, begonnen wurde, um bald nachher an 
dem rocher de bronce des mächtigen Klasseninteresses der bedrohten 
herrschenden Klasse zu scheitern. So finden wir, als letztes Glied 
in dieser Gedankenentwicklnng, erst Klassenunterschied, dann Klassen- 
illleresse, dann Klassengegensatz, nun endlich den Klassenkampf. 
Bringt man sich dies zum Bewußtsein, daß die Kernpunkte 
der Marx'schen Lehre wirklich nur das aussprcchen, was ist, daß 
fie sagten, was nicht anders sein konnte, daß sie gleichsam das Selbst 
verständliche, das Nächstliegende, nur entdeckten und offenbarten, so 
wird man es begreiflich finden, daß sie der Fels wurden, auf dein 
die Kirche der sozialen Bewegung errichtet werden konnte. Zumal 
wenn man sich ferner klar macht, daß die Marx'sch e Theorie so 
weit gefaßt ist, daß sie die verschiedensten Strömungen in sich 
aufzunehmen vermochte. Weil Marx gar kein bestimmtes Programm 
aufstellte, gar kein deutliches Bild von der erstrebten Zukunft zeichnete, 
auch die Ausführung des Klassenkampfes im einzelnen dem Belieben 
überließ, wurde er befähigt, der Theoretiker der sozialen Bewegung 
schlechthin zu werden, allem Proletariat zwar nur etwas, aber das
	        
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