Full text: Das kommunistische Manifest

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Wir sehen also, wie die moderne Bourgeoisie selbst das Produkt 
eines langen Entwicklungsganges, einer Reihe von Umwälzungen in der 
ProdukliouS- und Lerkehrsweise ist. 
Jede dieser Entwicklungsstufen der Bourgeoisie war begleitet von 
einem entsprechenden politischen Fortschritt. Unterdrückter Stand unter 
der Herrschaft der Feudalherren, bewaffnete und sich selbst verwaltende 
Assoziation in der Kommune*), hier unabhängige städtische Republik, dort 
dritter steuerpflichtiger Stand der Monarchie, daun zur Zeit der Manu 
faktur Gegengewicht gegen den Adel in der ständischen oder in der 
absoluten Monarchie, Hanptgrnudlage der großen Monarchien überhaupt, 
erkämpfte sie sich endlich seit der Herstellung der großen Industrie und 
des Weltmarktes im modernen Repräsentativstaat die ausschließliche 
politische Herrschaft. Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuß, 
der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bonrgeoisklasse verwaltet. 
Die Bourgeoisie hat in der Geschichte eine höchst revolutionäre Rolle 
gespielt. 
Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen, 
patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. Sie hat die bunt 
scheckigen Fendalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorge 
setzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen 
Mensch und Mensch übrig gelassen, als das nackte Interesse, als die 
gefühllose „baare Zahlung". Sie hat die heiligen Schauer der frommen 
Schwärmerei, der ritterlichen Begeisterung, der spießbürgerlichen Weh 
muth in dem eiskalten Wasser egoistischer Berechnung ertränkt. Sie hat 
die persönliche Würde in den Tanschwerth aufgelöst und an die Stelle 
der zahllosen verbrieften und wohlerworbenen Freiheiten die Eine ge 
wissenlose Handelsfreiheit gesetzt. Sie hat, mit einem Wort, an die 
Stelle der mit religiösen und politischen Illusionen verhüllten Aus 
beutung die offene, unverschämte, direkte, dürre Ausbeutung gesetzt. 
Die Bourgeoisie hat alle bisher ehrwürdigen und mit frommer Scheu 
betrachteten Thätigkeiten ihres Heiligenscheins entkleidet. Sie hat den 
Arzt, den Juristen, den Pfaffen, den Poeten, den Plann der Wissenschaft 
in ihre bezahlten Lohnarbeiter verwandelt. 
Die Bourgeoisie hat dem Familienverhältniß seinen rührend-sentimen 
talen Schleier abgerissen und es ans ein reines Geldverhältniß 
zurückgeführt. 
Die Bourgeoisie hat enthüllt, wie die brutale Kraftäußerung, die die 
Reaktion so sehr am Mittelalter bewundert, in der trägsten Bärenhänterei 
ihre passende Ergänzung fand. Erst sie hat bewiesen, was die Thätigkeit 
der Menschen zu Stande bringen kann. Sie hat ganz andere Wunder 
werke vollbracht als ägyptische Pyramiden, römische Wasserleitungen und 
gothische Kathedralen, sie hat ganz andere Züge ausgeführt, als Völker 
wanderungen und Krenzzüge. 
Die Bourgeoisie kan» nicht existiren, ohne die Produktionsinstrumente,: 
also die Produktionsverhältnisse, also sämmtliche gesellschaftlichen Vcr- 
hältnisse fortwährend zu revolntioniren. Unveränderte Beibehaltung der 
alten Produktionsweise war dagegen die erste Existenzbedingung aller 
So nannten die Städtcbnrger Italiens und Frankreichs ihr städti 
sches Gemeinwesen, nachdem sie die ersten Sclbstoerwaltnngsrechte ihren 
Feudalherren abgekauft oder abgezwungen hatten.
	        
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