Full text: Die Entwickelung der eingetragenen Genossenschaften in Preussen während des letzten Jahrzehnts

Es entfielen 
Im Entwickelungsgange des preußischen Genossenschafts 
wesens sind vier Zeitabschnitte deutlich erkennbar: 
Der 1. Abschnitt umfaßt die genossenschaftsgesetzlose 
Zeit bis zum Jahre i g66. 
Der 2. Abschnitt beginnt mit dem Jahre 1867 und endet 
ig88. Die Genossenschaftsgründungen aus dieser Zeit sind 
unter der Herrschaft des preußischen Genossenschaftsgesetzes 
vom 27. Mai 1867 (bezw. des Bundesgesetzes vom 4. Juli isös) 
erfolgt. 
Der 3. Abschnitt wird begrenzt durch den Erlaß des 
Beichsgesetzes vom 1. Mai 18 89 und erstreckt sich bis zum 
Jahre 1894? d. h. bis zur Begründung der Preußischen Central- 
Genossenschafts-liasse im Jahre 1395. 
Der 4. und letzte Abschnitt beginnt mit dem Jahre 1895, 
d. h. mit dem Jahre, in dem die genannte genossenschaftliche 
Geld- und Kreditanstalt von Staats wegen begründet wurde 
und in Tätigkeit trat. 
Wie sich die am 1. Januar 1904 vorhandenen eingetragenen 
Genossenschaften auf die vorgenannten vier Zeitabschnitte im 
Königreich Preußen sowohl wie in den einzelnen Provinzen ver 
teilen, wird in nebenstehender Tabelle 13 zur Anschauung ge 
bracht. Der Aufschwung des Genossenschaftswesens im 4. Zeit 
abschnitte wird in dem oben (Seite 4) schon besprochenen 
Umfange im Zusammenhänge stehen mit dem belebenden Ein 
flüsse, den die Errichtung der Preußischen Central-Genossen- 
schafts-Kasse auf die Entwickelung des preußischen Genossen 
schaftswesens ausgeübt hat. Man wolle sich das dort Gesagte 
vergegenwärtigen. 
Zuallernächst drängt sicli bei Betrachtung der Tabelle VIII 
des Tabellenweikes und der Tabelle 13 die Frage auf, 
wie weit wohl das Alter der Genossenschaften der ver 
schiedenen Haftpflichtarten auf die Mitgliederzahl einwirkt, 
wobei die schon berührte Tatsache, daß die beschränkte Haft 
pflicht erst 1889 eingeführt ist, beachtet werden muß; die 
vor 1889 gegründeten 324 Genossenschaften mit beschränkter 
Haftpflicht sind solche, die sich nachträglich aus einer anderen 
Haftpflichtform in diese umgewandelt haben; sie zählen den 
stattlichen Mitgliederbestand von 273 795. — Von vornherein 
ist es wahrscheinlich, daß die älteren Genossenschaften die 
größte Mitgliederzahl haben; im gleichen Sinne dürfte man 
auch erwarten, daß die ältere Haftpflichtform ebenso den 
größeren Mitgliederstand aufweisen würde. Die Beziehung 
zwischen dem Alter der Genossenschaften und dem Gegen- | 
Stande des Unternehmens wird im folgenden Unterabschnitte j 
behandelt. Die aus der Tabelle 13 errechneten Durchschnitts- j 
zahlen für den Mitgliederbestand stellen sich, wie folgt: j 
Mitglieder zählten die Genossenschaften durchschnittlich 
Gründungsjahren 
im ganzen 
m. u. H. 
m. b. H. 
1. 
bis einschließlich 1866 
731 
564 
1 144 i 
o 
1367 bis einschließlich 
1888 ■ 
294 
994 
683 ! 
3. 
>889 „ 
1 894 • 
160 
112 
264 
4. 
I S95 i. 
1903 
95 
75 
122. 
Dies Rechnungsergebnis spricht dafür, daß gerade besonders | 
große und gefestigte Genossenschaften aus der Zeit vor 1889 
die beschränkte Haftpflichtform angenommen oder sich bis 
zum Zählungstage besonders stark entwickelt haben. 'Die 
gleichalterigen, allerdings viel zahlreicheren Genossenschaften 
mit unbeschränkter Haftpflicht zeigen einen viel schwächeren 
Durchschnitts-Mitgliederbestand. 
Für die Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht 
läßt sich auch die durchschnittliche Anzahl der Geschäfts 
anteile für einen Genossen und die durchschnittliche Haft 
summe für einen Geschäftsanteil nach den vier Altersgruppen 
berechnen; das ergibt nachstehende Verhältniszahlen: 
durchschnittl. durchschnittl. 
bei den Genossensch. m. b. H. Geschäft&anteile Haftsumme (mJl) 
aus den Griindungsjabren 
auf einen 
Genossen 
auf einen/ 
Geschäftsanteil 
1. bis einschließlich is66 
. . . 
1,21 
470 
2. 1867 bis einschließlich 
OO 
OO 
OO 
1,13 
223 
3. 1889 
189+ 
1,62 
209 
4- 1895 
1903 
2,02 
186. 
Die ältesten Genossenschaften, die der 1. und 2. Gruppe, 
haben zwar weniger Geschäftsanteile auf einen. Genossen, 
aber eine-höhere Haftsumme auf den Geschäftsanteil als die 
der 3. und 4. Gruppe; in den jüngsten, seit 1895 errichteten 
Genossenschaften tritt dagegen eine stärkere Neigung, weitere 
Geschäftsanteile zuzulassen und zu erwerben, hervor; aller 
dings ist die Haftsumme dafür im Durchschnitte auch niedrig 
angesetzt. Wenn man will, und das wird wohl berechtigt 
sein, kann man aus den obigen Verhältniszahlen für die 
jüngsten Genossenschaften im Vergleiche mit denen für die 
älteren und ältesten ablesen, daß sich die genossenschafts 
politische Richtung in der neuesten Zeit wesentlich geändert 
hat und sich von der der älteren Genossenschaften stark 
unterscheidet. Darauf wird bei der Betrachtung des Grün 
dungsjahres in Verbindung mit dem Gegenstände des Unter 
nehmens noch zurückzukommen sein. 
Nach der Einführung der beschränkten Haftpflicht bei 
den eingetragenen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften 
fand sie rasche Verbreitung und wird heute bei Neugrün 
dungen mehr und mehr bevorzugt. Seit dem Jahre 1901 
überwiegen die Gründungen von Genossenschaften mit b e - 
schränkter Haftpflicht die von Genossenschaften mit 
unbeschränkter Haftpflicht um ein beträchtliches. Bis 
dahin war das Umgekehrte der Fall. Von den am 1. Januar 
1904. vorhandenen Genossenschaften — einzelne Übergänge 
von der einen Haftpflichtart zur anderen inbegriffen — wurden 
gegründet 
im Jahre 
Gen. 
Gen. 
m. u. H. 
mit Mitgl. 
Gen. 
Gen. 
m. b. H. 
mit Mitgl. 
1889 
221 
24175 
56 
.19 276 
189° 
ISO 
20 462 
81 
32 349 
1891 : • • • 
193 
21 007 
105 
23 949 
1892 
205 
25 049 
127 
37 549 
1893 
204 
26 000 
126 
27 841 
1894 
329 
33 122 
105 
17 363 
1895 
914 
86 877 
171 
22 642 
I89 6 
750 
67 759 
265 
37 530 
1897 
720 
59 615 
378 
49 246 
1898 
466 
36 0S1 
324 
52 577 
1899 • 
396 
31 191 
257 
42 564 
1900 
478 
30 976 
461 
67 704 
1901 ‘ 
479 
26 146 
635 
66 870 
1902 
419 
22 595 
631 
66 314 
I9°3 
378 
13 457 
575 
44 945 
zusammen . . 
6 332 
524 512 
4 297 
608 719. 
Welch starken 
Wandel die Neigung 
der Bevölkerung für 
die eine oder die 
andere 
Haftpflichtart 
erfahren 
hat, kann 
man aus nachstehenden Verhältniszahlen ablesen: Unter je 100 
neu entstandenen Genossenschaften der beiden Haftpflichtarten 
bezw. von je 100 ihrer derzeitigen Mitglieder entfielen auf 
Gen. m. 
u. H. 
Gen. m. 
b. H. 
Gen. 
Mitgl. 
Gen. 
Mitgl. 
1 895 
84 
79 
16 
21 
1900 
51 
■ 31 
49 
69 
1903 (Ende) . . . 
40 
23 
60 
77. 
Die Genossenschaften, die vor dem Jahre 1889 gegründet 
sind und sich seitdem der beschränkten Haftpflicht zugewandt 
haben, werden für die am 1. Januar 1904 bestehenden 
Genossenschaften nach den einzelnen Gründungsjahren in 
nachfolgenden Zahlen ersichtlich gemacht, und zwar unter 
[Fortsetzung des Textes auf Seite 50.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.