Full text: Die Untersuchung landwirtschaftlich und gewerblich wichtiger Stoffe

Tierische Entleerungen und Stallmist 
Tierische Entleerungen im frischen Zustande. 
I. Harn. 
Die im folgenden aufgeführten Untersuchungsverfahren beziehen sich zunächst 
auf den Harn der grasfressenden Tiere; sie sind jedoch großenteils auch auf den 
Harn der Fleischfresser und des Menschen anwendbar. Hinsichtlich der Begründung 
und besonderen Ausführung der Verfahren verweise ich hauptsächlich auf die be 
kannten Schriften von Henneberg und Stohmann: „Beiträge zur Begründung 
einer rationellen Fütterung der Wiederkäuer“, Heft 1 (1860) und Heft 2 (1863), sowie 
„Neue Beiträge etc.“ 1870—72, ferner Neubauer: „Anleitung zur qualitativen und 
quantitativen Analyse des Harns“, neubearbeitet von H. Huppert und L. Thomas. 
1. Das spezifische Gewicht des Harns wird entweder mit einem guten 
Aräometer (Urometer) 1 ) oder, wenn die Ergebnisse noch genauer ausfallen sollen, 
durch direkte Wägung im Pyknometer oder auch durch die Westphalsche Wage 
(vergl. „Milch“) ermittelt, wobei stets auch die Temperatur der Flüssigkeit zu be 
obachten ist und die Bestimmungen womöglich immer bei ziemlich gleicher, mittlerer 
Temperatur (15,5°) vorzunehmen sind. 
Das spezifische Gewicht des Harns schwankt im allgemeinen zwischen 1,010 und 
1,040. Bei Anwendung des Urometers sind natürlich vorher alle Schaumblasen von der 
Oberfläche des Harns sorgfältig mittels Fließpapier usw. zu entfernen. Nach vorliegenden 
Beobachtungen entspricht ein Temperaturunterschied von 3° ungefähr einem Grade des 
Urometers. 
2. Die Gesamtmenge der Trockensubstanz findet man durch Verdampfen 
des Harnes in einem trocknen Luftstrome (am besten in einem Strome von reinem 
und trocknem Wasser Stoff gas) hei 100°. Man bedient sich hierbei passend eines tiefen 
Wasserbades, in dessen mittleren Teil eine quer durchgehende und an den Außen 
seiten etwas vorstehende Blechhülse eingelötet ist. Ein Porzellan- oder Platin 
schiffchen wird zu zwei Drittel mit reinen Glassplittern oder ausgeglühtem, feinem 
Quarzsand angefüllt, bei 100° getrocknet und sorgfältig im zugekorkten Glasrobr 
gewogen; hierauf läßt, man genau 2 ccm Harn (das Gewicht ergibt sich durch 
Wägung oder durch Multiplikation des Volumens mit dem spezifischen Ge 
wicht) auf die Glassplitter fließen und schiebt das Schiffchen in ein hinreichend 
weites Glasrohr, welches in die Blechhülse des Wasserbades einpaßt. Das Glas 
rohr wird an dem einen Ende mit einem großen Chlorcalciumrohr verbunden und 
reicht mit dem anderen ausgezogenen und rechtwinklig umgebogenen Ende fast bis 
auf den Boden eines Glaskölbchens, in welchem titrierte Schwefelsäure sich befindet. 
>) Sehr brauchbare Urometer und zu billigen Preisen sind vom Mechaniker Niemann 
in Alfeld bei Hannover zu beziehen.
	        
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