906
Beschädigungen der Vegetation durch Bauch und Staub.
In Pig. 345, S. 905 stellt A einen Kreisausschnitt vom Hirnschnitt 1 ) eines
rauchbeschädigten, 33-jährigen Fichtenstammes dar, B ein entsprechend großes Stück
von einer gesunden Fichte. Beide Hirnschnitte stammen aus derselben Gegend
(Grevenbrück i. Westf.); Fichte A hat seit 1875 unter dem Einfluß der Rauchgase
einer Schwefelsäurefabrik gestanden, während Fichte B aus einer völlig rauchfreien,
eine Stunde von der Fabrik entfernten Stelle stammte. Die Verschmälerung der
Jahresringe tritt erst deutlich von 1885, also erst 10 Jahre nach Errichtung der
Fabrik hervor; das hat seinen Grund darin, daß der Betrieb der Schwefelsäurefabrik
im Anfänge nur gering war und erst allmählich vergrößert wurde. Der kranke
Stamm A hat trotz des um 7 Jahre höheren Alters einen beträchtlich geringeren
Durchmesser als B. Der schmale Jahresring 11 bei A und ebenso Jahresring 19
bei B müssen wohl auf andere Ursachen (Trockenheit oder Raupenfraß) in dem be
treffenden Jahr zurückgeführt werden. Von dem 20. Jahresringe an (1885) tritt
aber bei A eine erhebliche und beständige Verschmälerung der Jahresringe ein.
C. Reuß unterscheidet zwischen chronischen, d. h. dauernden, und akuten,
d. h. einzelnen heftigen aber vorübergehenden Rauchbeschädigungen; nur bei
ersteren kann eine anhaltende Verschmälerung der Jahresringe eintreten, während
akute Raucheinwirkungen nur einjährige Pflanzen, selten Bäume dauernd schädigen
können.
Wenn Rauchbeschädigungen einerseits, Insektenfraß oder Pilzwuche
rungen andererseits gleichzeitig auftreten, so wird vielfach die Frage zu beant
worten sein, ob Insektenfraß und Pilzwucherungen die Folge der Rauchwirkungen,
bezw. in welchem Umfange sie an der Schädigung beteiligt sind? Diese Fragen sind
nach bisherigen Erfahrungen schwer zu beantworten. Von einigen Seiten wird geltend
gemacht — und diese Ansicht hat etwas für sich—, daß schwächliche oder kranke Bäume
bezw. Pflanzen eher von Insekten und Pilzen befallen werden, bezw. denselben
weniger Widerstand zu leisten imstande sind, als gesunde, kräftige Pflanzen und
Bäume, daß Insekten und Pilze in rauchbeschädigten Wäldern überhaupt keinen
Schaden mehr anrichten können. Von anderer Seite * 2 ) wird dann aber den Insekten
und Pilzen die Hauptschuld an der Schädigung zugeschrieben. Wenn Insektenfraß
und Pilzwucherung nur vorübergehend in einem oder einigen Jahren auftreten, die
Raucheinwirkungen aber anhalten, dann wird man durch Vergleichung der Ver
schmälerung der Jahresringe oder der Erscheinungen an Blättern und Nadeln in
den einzelnen Jahren annähernd feststellen können, ob und welchen Anteil Insekten
fraß und Pilzwucherung an der Schädigung haben. Bei fortgesetzter Einwirkung
beider Schädigungsursachen wird man die Frage überhaupt nicht genau beantworten
können; ohne Zweifel ist aber der RaucheinWirkung stets ein Teil der Schädigung
mit zuzuschreiben.
4. Der verschiedene Grad der Erkrankung der einzelnen Bauingattungen und
Feldfrüchte. Die einzelnen Baumgattungen und Feldfrüchte sind sehr verschieden
empfindlich bezw. widerstandsfähig gegen saure Rauchgase. Manche empfindliche
Sorten zeigen schon bei einer geringgradigen Einwirkung eine deutlich wahrnehmbare
äußere Erkrankung; andere, weniger empfindliche Sorten dagegen können erhebliche
*) Zur Gewinnung solcher Ausschnitte bedient man sich zweckmäßig des von Preßler
eingerichteten Zuwachsbohrers, dessen Handhabung im „Leitfaden für Holzmeßkunde“
von Schappach beschrieben ist. Wenn die Schnitte geglättet oder poliert werden, lassen
sich die Jahresringe deutlich sehen und messen.
2 ) Ein befremdendes Aufsehen erregte nach dieser Richtung seinerzeit die Schrift
von B. Borggreve, Waldschäden im obersohlesischen Industriebezirk 1895.