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Untersuchung von Boden.
Manchmal finden sich Böden, welche bei großer Feinheit des Korns, beträchtlicher
Tiefe und anscheinend günstiger physikalischer Beschaffenheit dennoch trotz kräftiger
Düngung nur sehr geringe Ernteerträge liefern. Das ist z. B. der Fall bei einem Boden,
welcher fast ausschließlich aus feinem Quarzsand und feinpulverigem Humus unter
reichlich beigemengten kleinen Muschelschalen oder kohlensaurem Calcium besteht. Ein
ähnliches Verhalten der Unfruchtbarkeit zeigt sich bei dem sogenannten Moorkalk, einer
überaus lockeren und feinkörnigen Masse, welche fast ausschließlich aus kohlensaurem
Calcium oder aus einem Gemenge desselben mit feinem Qnarzsande gebildet ist.
Solche und andere Verhältnisse sind daher in erster Linie mit zu berücksichtigen,
um in der Beurteilung der Güte eines Bodens nicht fehl zu gehen. Geschieht dieses und
wird ein Boden, wie vorstehend beschrieben ist, nach den verschiedensten Richtungen ge
prüft, wird derselbe also nicht allein auf die chemische Zusammensetzung, sondern auch auf
die mechanische Beschaffenheit und die wichtigsten physikalischen Eigenschaften untersucht,
so kann die Untersuchung des Bodens, so lückenhaft sie auch noch in mancher Hinsicht sein
mag, doch vielfach recht wichtige Anhaltspunkte einerseits für die Bonitierung, anderer
seits für die größere oder geringere Fruchtbarkeit bezw. für die anzuwendende
Düngung und Bearbeitung geben.
Hier muß besonders auf die wertvollen Untersuchungen von G. Thoms ') hingewieseu
werden, welche erkennen lassen, daß nicht die Menge der leicht löslichen Nährstoffe ent
scheidend ist, daß vielmehr ausgesprochene Beziehungen zwischen der Krumentiefe und dem
Gesamt-Gehalte der Ackererde an den unentbehrlichsten Pfianzennährstoffen Stickstoff,
Phosphorsäure, Kali, Kalk, Magnesia zu der Fruchtbarkeit des Bodens vorhanden sind.
Eine vollständige Boden-Dntersuchung nach den verschiedensten Richtungen ist aber
eine außerordentlich langwierige Arbeit; es ist daher von jeher dahin gestrebt worden, durch
einige wenige wesentliche' Bestimmungen rasch Aufschluß über die Güte eines
Bodens zu erhalten; es mögen hier diejenigen Bestimmungen und Eigenschaften, welche
für die Beurteilung eines Bodens bis jetzt als besonders wichtig und entscheidend angesehen
werden, noch Erwähnung finden.
Zu den wichtigsten Eigenschaften dieser Art werden gerechnet:
1. Das Verhalten des Bodens gegen Ammoniak bezw. das Absorptionsvermögen für
Ammoniak nach dem Verfahren von Knop, S. 49. Es wird Ammoniak gewählt, weil
die Absorption desselben vorzugsweise rasch und leicht ermittelt werden kann; auch ver
hält sich die Absorption des Kalis im wesentlichen der des Ammoniaks gleich.
Die Absorptions-Koeffizienten Knops schwanken von 0—134. Die Höhe der Ab
sorption richtet sich in erster Linie nach dem Gehalt des Bodens an wasserhaltigen Sili
katen (zeolithartigen Verbindungen und feinem, leicht aufschließbarem Ton); sie ist aber
eine besonders große, wenn gleichzeitig Sesquioxydhydrate vorhanden sind, während letztere
für sich allein nur wenig adsorbieren. Diese beiden Gruppen lassen sich nicht einzeln
bestimmen, aber über die Summe beider erhält man Kenntnis durch die Bestimmung der
aufgeschlossenen Basen, zum Teil auch durch die Bestimmung des chemisch gebundenen
Wassers. Karbonate der alkalischen Erden und Gips adsorbieren kein Ammoniak, auch
nicht die wasserfreien Silikate oder Silikatgesteine, wenn diese ganz unverwittert und von
dichtem Korn sind, wohl aber bei erdartig weicher und poröser Beschaffenheit und als
dann wiederum die „basischen“ (pyroxenischen, wie Basalt und Basalttuff) mehr als die
„sauren“ Silikatgesteine (trachytischen, wie die Feldspate usw.). Es ist daher auch auf
das Verhältnis der Kieselsäure zu den Sesquioxyden und Monoxyden in der Gesamtmenge
der Silikate zu achten. Im allgemeinen wird um so mehr Ammoniak adsorbiert, je mehr
der Boden im verwitterten Zustande sich befindet, und für den Grad seiner Verwitterung
hat man in der Menge der aufgeschlossenen Basen einen relativen Maßstab. Beides aber
ist auch für die Beurteilung der Güte und Fruchtbarkeit des Bodens von großem Wert.
Es gibt von dieser Regel jedoch auch Ausnahmen; so beträgt z. B. bei Lößmergeln
in Sachsen die Adsorption nur 25 bei einem Gehalt von nur 8,06 % aufgeschlossenen Basen
i) G. Thoms, Zur Wertschätzung der Ackererde. Mitt. I, Riga 1888; Mitt. II,
Dorpat 1892; Mitt. III, Riga 1900. Journal f. Landwirtschaft 1894, 42, 1.