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erfahren. Die Wohltaten, die sie von einer allzu nachgiebigen
Regierung empfangen haben, betrachten sie als ein Recht,
das ihnen nicht verkürzt werden darf. Sie sind unersättlich,
nie befriedigt und hören nicht auf, immer weiter gehende Forde
rungen zu stellen. In demagogischer Weise vergiften sie das
öffentliche Leben und unterwerfen die politischen Institutionen,
die als Mittel zur Förderung des Gemeinwohls mit überragender
Gewalt ausgestattet sind, ihrem engherzigen, materiellen Nutzen.
Daraus ergibt sich eine Entwürdigung staatlicher Einrich
tungen, welche die Achtung und Ehrfurcht vor dem Staat, der
sich in solcher Weise mißbrauchen läßt, untergräbt.
In einem solchen Staat kann ein Gefühl der Gemeinsam
keit, ein ausgeprägtes Nationalbewußtsein nicht aufkommen,
weil die eine Bevölkerungsgruppe die staatlichen Institutionen
auszunutzen sucht, um sich auf Kosten der übrigen Gruppen
zu bereichern. Die Lösung großer nationalen Fragen setzt
aber immer die geschlossene Zusammenfassung und innige
Vereinigung aller nationalen Kräfte voraus. Die Regierung,
der sie fehlt, wird sich immer als schwach erweisen, weil sie
gezwungen wird, alle möglichen demütigenden Kompromisse
zu schließen. An dieser fruchtlosen und freudlosen Arbeit
reiben sich die leitenden Persönlichkeiten auf, woraus sich
dann der starke Verbrauch der Staatsmänner erklärt. An Haupt
und Gliedern muß ein solcher staatlicher Organismus schließ
lich erkranken und der Korruption verfallen.
Wer heute im tiefsten Herzensgrund den Wunsch hegt,
daß das Deutsche Reich an Einheit und Macht zunehme, daß
die Großzügigkeit seiner Politik sich der rückhaltlosen An
erkennung und Achtung würdig erweise, daß das Deutsche
Reich von einem kräftigen Volksbewußtsein getragen und ge
hoben werde, der muß auch wünschen, daß es zu der Politik
zurückkehre, die den modernen Staat Preußen im Anfang des
XIX. Jahrhunderts geschaffen und die politische Einigung der
deutschen Stämme unter Preußens Führung ermöglicht hat,
daß die principia, welche die Nationalindustrie betreffen,
wieder einmal im Sinne des Königs Friedrich Wilhelm IIP
revidiert werden.