I.
Programm des Humanistischen
Sozialismus.*)
1891.
Der Sozialismus ist nicht etwa nur
eine volkswirtschaftliche Kategorie,
sondern die Religion der Zukunft.
D er humanistische Sozialismus erstrebt die möglichst
große Befreiung der Menschheit vom wirtschaftlich
sittlichen Unrecht und Elend. Wir hegen die feste Über
zeugung, daß dieses durch menschliche Unwissenheit und
vielfach durch Selbstsucht hervorgerufene Elend bei ent
schlossenem Willen und bei Anwendung der richtigen
Mittel zum großen Teile beseitigt werden kann.
Wir haben die Überzeugung, daß das Gedeihen der Mensch
heit auf der freien Entwicklung der geistigen und der
wirtschaftlich-sittlichen Kräfte beruht. Heilig ist uns
das bewährte Prinzip der Selbsthilfe, aber wir sehen die Ent
wicklung der Arbeitskräfte durch die bestehenden un
beschränkten privaten Grundeigentumsverhältnisse mehr ge
lähmt, als es durch eine weitgehende staatlichpolizeiliche Be
hinderung irgendwo möglich wäre. Wir sehen den wirtschaft
lich Schwachen, obgleich er dem Gesetze gemäß berechtigt sein
sollte, seine Kräfte frei zu gebrauchen, an den Klippen der
*) Diese Grundsätze sind eine erhebliche Erweiterung und Fort
bildung des Programms des von A. Th. Stamm begründeten und
später von Wehberg geleiteten „Allwohlsbundes“. Solange der All
wohlsbund (1888—1894) bestand, hat Wehberg diese Ideen unter dem
Titel „Programm des Allwohlsbundes“, später als „Sozialistisches
Programm“ im Anhang seiner Schriften propagiert. Vgl. Weh her g,
A. Th. Stamm und die Anfänge der Deutschen Bodenreformbewegung,
1911, S. 39.
Weh bei*g, Die Bodenreform.
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