Full text: Zum Kampf um die wirtschaftliche Selbständigkeit des Klein- und Mittelbetriebes

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zu beschaffen, denn es warten so viele reiche 
Leute darauf, der Regierung Gefälligkeiten er 
weisen zu können, um dafür mit einem Titel oder 
Orden ausgezeichnet zu werden. 
Das sind aber nicht die Männer, die ihren 
wahren Bürgerstolz haben, die genau wissen, dass 
ihnen die Achtung ihrer Mitbürger durch ehr 
liches Handeln absolut gesichert ist, sondern häu 
figer jene Existenzen, die ihr Vermögen auf nicht 
immer kontrollierbare Weise gewonnen haben 
und sich nun gern offiziell abstempeln lassen 
wollen, was sie mit einem Paket von Tausend 
markscheinen erledigen, das sie für irgend einen 
genehmen Zweck aus der Tasche holen. 
Fragt die Regierung danach, wie ein Mann, 
der eine Auszeichnung zu erhalten sich bemüht, 
sein Geld erworben hat? Dass der Kandidat un 
bestraft sein und in der breiten Oeffentlichkeit 
sich nicht kompromittiert haben muss, das ist 
selbstverständlich, weil sonst die Gefahr des 
Skandals zu gross wäre. Aber wir brauchen uns 
nur die Fälle anzusehen, wo Männer, die Titel 
und Orden erhalten haben, später in bösen 
Prozessen, vor der Oeffentlichkeit gedemütigt 
werden mussten, und ihr wahres Wesen zum Vor 
schein kam. 
Jedenfalls sollte man es als eine selbstver 
ständliche Voraussetzung annehmen können, dass 
der Staat jeden, den er auszeichnet, auf seine sitt 
liche Unbescholtenheit erst auf Herz und Nieren 
prüfen müsste, denn der Staat ist doch der oberste 
Hüter der Sittlichkeit, der die staatsbürgerliche 
Erziehung zu veranlassen und zu überwachen hat. 
Das ist aber nur erreichbar, wenn die Aus 
zeichnungen in einem öffentlichen Verfahren er 
folgen, wenn die Kandidaten öffentlich bekannt 
gegeben werden und die Möglichkeit besteht Ein 
wendungen mit Begründungen erheben zu können. 
Ob die Zahl der Kandidaten mit sauberen Händen 
dann auch noch so erheblieh sein würde? 
Der Staat fragt nicht, lieber Kandidat, wie 
viele Existenzen hast du auf dem Wege zur Er 
langung Deines Vermögens vernichtet, wie viele 
Leichen liegen auf dem Wege, den Du gegangen 
bist. Er erfährt es garnicht! Er stellt nicht 
die eigentlich selbstverständliche Forderung, dass 
der Kandidat den Nachweis führen müsste, dass 
er sein Geld, das er abgeben will, auf sittlich 
absolut einwandfreie Weise erworben hat. Es 
fehlt eben die öffentliche Anerkennung dieser 
höchsten sittlichen Forderung, und dieses 
Fehlen ist die Ursache, dass es möglich ge- 
geworden ist, dass Männer ganz in einseitiger 
Richtung des unbegrenzten Gelderwerbes ohne 
Rücksicht aut die Opfer, die dabei fallen, sich 
überhaupt betätigen können. 
Der Staat bekämpft gesetzlich das Bestechungs 
wesen ! Und wie steht es mit der militärischen 
Spionage? Opfert er nicht hierfür bedeutende 
Summen? Und wie steht es im Handel? Dem 
Angestellten wird jeder Vertrauensmissbrauch 
zum schwersten Vorwurf gemacht. Und wie ver 
schaffen sich die Firmen Angebote ihrer Kon 
kurrenz, um deren Preise zu erfahren! 
Weiter betrachten wir das Konsulatswesen, 
soweit es sich hier um Wahlkonsuln handelt. Ist 
es sittlich oder unsittlich, wenn ein angesehener 
Bürger mit Beziehungen und Verbindungen nach 
allen Richtungen hin, den die Regierung mit 
Titeln und Orden auszeichnet, den seine Mit 
bürger in Führerstellen wählen, sich in den 
Spionagedienst fremder Mächte stellen als deren 
Konsuln, um diesen fremden Konkurrenten Mittel 
und Wege zu zeigen, auf denen es möglich ist, 
ihrem eigenen Vaterlande den Wettbewerb zu er 
schweren ? 
Und wie steht es nun mit den politischen 
Parteien. Auch hier ist es die Geldfrage, die die 
Parteien unsittlich macht. Nur mit dem Oelde 
des Kapitals sind die grossen Parteien in der Lage, 
die Mittel für die Wahlkämpfe aufzubringen. 
Und wehe dem Abgeordneten, der den Mut finden 
wollte, gegen diese Kapitalsquellen, die in ihrem 
eigensten Interesse diese Opfer bringen, etwas 
unbequemes vorzubringen. Die Quellen würden 
sofort versiegen, weil die Mittel nicht aus sittlichen, 
sondern aus unsittlichen Motiven hergegeben 
werden. 
Wo wir also auch hinsehen, überall finden 
wir nicht sittliche, sondern unsittliche Kräfte 
wirksam. 
Das Volk ist wie Wasser, sagte Napoleon I., 
das die Gestalt jedes Oefässes annimmt, in das 
man es hineintut; tut man es aber überhaupt in 
kein Qefäss, so fliesst es ziel- und zwecklos aus 
einander. Will ein Volk bestehen, so muss es 
sich zum Staatsgebilde formen und dieser Staat, 
seine Regierung hat die erste Pflicht auf sittlichem 
Boden zu stehen. Wenn die Regierungsform 
nicht auf sittlichem Boden aufgebaut ist, dann 
kann sich auch unmöglich das Volk sittlich ent 
wickeln. Daher ist es die höchste Pflicht, Sorge 
zu tragen, dass das Haupt eines Volkes, seines Re 
gierung, alles aus ihren Mitteln ausscheidet, was 
den Geboten der Sittlichkeit zuwider ist, d. h. 
dass sie vor allem die von sich abschüttelt, die 
ihr unsittlich dienen wollen. Eine Aenderung 
wird sich aber erst dann anbahnen, wenn die 
Regierung nur solche Männer auszeichnet, die 
nach dem Urteil der Mitbürger sich auf einer 
sittlichen Grundlage emporgearbeitet oder er 
halten haben.
	        
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