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das Fabrikwesen so in die Höhe gebracht werden, dass
»nicht bloss der eigene Bedarf gedeckt, sondern auch eine
bedeutende Ausfuhr erübrigt würde.« 1 ) Zweitens, soll der
Handel so gefördert werden, dass man immer höhere
»Privationsgewinne«, d. h. immer grösseren Anteil am Welt
reichtum erzielen kann. Das solle geschehen durch die
gesteigerte Produktion, sowie durch andre Hilfsmittel, wie:
Kolonialsysteme, Navigationsakte, Rückzölle, Handelstraktate,
Seemacht, Streben nach Monopolen, verbesserte Schiffahrt
usw. Dabei soll drittens durch die gesteigerte Produktion
und den Handel auch der Ackerbau einen höheren Impuls
bekommen. Man habe zwar vom Ackerbau weniger als
von der Industrie und Handel gesprochen, nichtsdestoweniger
habe man richtig angenommen, dass er durch Einwirkung
der Industrie »von selbst komme«. Übrigens sei in einzelnen
Fällen, wie z. B. in England, durch Ausfuhr- und Einfuhr
verbote manches auch für den Ackerbau geschehen.
Es mag auffallen, dass bei der Besprechung des Mer
kantilsystems von der Handelsbilanz, die doch als das
Hauptdogma des Merkantilismus gilt, keine Rede ist, trotzdem
Kankrin die Grundsätze dieses Systems hier im allgemeinen
richtig angegeben hat. In Wirklichkeit verhält es sich aber
so, dass Kankrin nur den Ausdruck Handelsbilanz nicht
gebraucht, die Sache selber aber in dem bringt, was er
»Privationsgewinne« nennt. Darauf werden wir später aus
führlicher zurückkommen müssen.
Wie aus dem obigen zu ersehen ist, nimmt Kankrin
den Merkantilismus im allgemeinen gegen die Anfeindungen
seiner Gegner in Schutz. Man muß dabei aber gleich be
tonen, daß er gewisse merkantilistische Fehlgriffe doch an
erkennt. Diese sind nach seinen Worten »die Übertreibungen
in Hinsichten des Staatsweisheit«. 2 )
Die Industrie eines Landes muß, um für dasselbe nicht
nachteilig zu werden, nach Kankrin in ihren »natürlichen
') Weltr. 110. — -’) Weltr. 111.