Full text: Graf Georg Kankrin in nationalökonomischer und finanzwirtschaftlicher Beziehung

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würden die kleinen Besitzer, die den Verkauf nicht abwarten 
können, die Preise der Dinge so heruntersclilagen, daß sie 
verarmen müßten; fehlte es an kleineren Eigentümern, so 
könnten die großen die Preise zu sehr halten und steigern; 
gäbe es keine sehr kleinen Besitzer, so würde es an manchen 
Konsumtibilien fehlen, welche die andern nicht bauen würden, 
weil sie ihre Kraft besser verwenden können. Auch ist die 
größere Kultur zur Versorgung der Städte unentbehrlich«. 1 ) 
In Bezug auf die staatliche Politik dem Ackerbau 
gegenüber ist Kankrin prinzipiell für die Freiheit der Ein- 
und Ausfuhr des Getreides. i) 2 ) Wegen der hohen Abgaben 
bei den schon eingeführten Schutzsystemen glaubt er jedoch 
auch dem Ackerbau »ein Recht auf mäßigen Schutz« gönnen 
zu müssen. Nur da, wo noch kein Getreideschutzzoll 
existiert, würde er sich »schwerlich entschließen, seine Ein 
führung anzuraten.« 8 ) 
t 
Für die Freiheit des Gewerbes tritt Kankrin nur be 
dingungsweise ein. Es könne zwar »nicht die Frage sein, 
zu den alten Zwangseinrichtungen zurückzukehren, doch 
dürften die Korporationen, wo sie noch bestehen, nicht 
aufgehoben«, sondern nur der Eintritt in dieselben erleichtert 
werden. 4 ) Er ist auch ein ausgesprochener Anhänger des 
Schutzsystems, 5 ) verwahrt siph aber, wie wir in diesem 
Kapitel bereits dargetan haben, entschieden dagegen, daß 
die Industrie »aufs höchste« 8 ) getrieben werde. Und hier 
zeigt sich uns Kankrin als ausgesprochener Mittelstands 
politiker, der zudem große Furcht vor der Übervölkerung 
an Fabrikarbeitern hat, weil diese durch »gefährliche Un 
ruhen und Spannungen« im stände sind, dem Staate große 
Sorgen zu verursachen. 7 ) Dieselben Rücksichten veranlassen 
Kankrin auch, den Arbeitern das Koalitionsrecht im Kampfe 
mit den Unternehmern abzusprechen, obwohl er »das 
i) Ök. 73. — 2 ) Vgl. Weltr 99 ; Ök. 184. — s ) Ök. 185. — 4 ) Ök. 212. — 
■>) Ök. 233. 6 ) Weltr. 9. ") Weltr. 105.
	        
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