ALLGEMEINE POLITISCHE ERDKUNDE
GEOGRAPHISCHE STAATENKUNDE
Geographisch betrachtet ist der Staat eine Vereinigung von Menschen
auf einem bestimmten, fest abgegrenzten Teile der Erdoberfläche. Er
setzt sich demnach aus zwei untrennbar miteinander verbundenen Be-
standteilen zusammen, aus Land und Volk. Ein völlig menschen-
leerer, unbewohnter Raum kann niemals ein selbständiger Staat sein,
höchstens ein Teil eines solchen. Ebensowenig kann aber ein Volk
ohne Land einen Staat bilden, wie uns das Beispiel der Zigeuner
deutlich zeigt. Die Merkmale des Staates lassen sich nach A. Supan
in äußere und innere gruppieren. Die äußeren sind seine Gestalt
und seine Grenzen, seine Größe und seine Lage. Seine inneren
Merkmale ergeben sich aus der Art seiner physikalischen Verhältnisse
(Geländeform, Klima, Bewässerung usw.), aus der Art und Zusammen-
setzung seiner Bevölkerung und aus der Eigenart seines Wirtschafts-
lebens — es sind also physikalische, völkische und wirtschaft-
liche Eigenschaften.
Die Entstehung des Staates als einer Organisation ist immer auf
einen menschlichen Willensakt zurückzuführen. Schöpfer eines Staates
kann u. U. ein einzelner Mensch sein. Die Geschichte bietet genug
Beispiele dafür. Träger des Staates kann aber immer nur eine Masse
von Menschen sein. Deshalb kann die Bildung eines Staates immer
nur von einem Raum mit mehr oder weniger dichter Bevölkerung aus-
gehen. In diesem Zusammenhang erscheint es zweckmäßig, zunächst
einen Blick auf die Gesamtbevölkerung der Erde, die Grenzen ihrer
Ausbreitung und ihre unterschiedliche Dichte in den einzelnen Erd-
räumen zu werfen.
{. DIE BEVÖLKERUNG DER ERDE
Ausbreitung des Menschen und Umfang der bewohnten. Erde.
Durch urgeschichtliche Funde ist nachgewiesen, daß der Mensch zur
Eiszeit bereits ein sehr weites, von Amerika bis Mittelasien reichendes
Wohngebiet innegehabt haben muß. Mit dem allmählichen endgültigen
Rückgang der gewaltigen Eisdecke, die in Nordamerika und Europa
eine Fläche von der zweieinhalbfachen Größe Europas einnahm, er-
öffneten sich dem Menschen neue Ausbreitungsmöglichkeiten. Nach-
dem erst die Pflanzen- und Tierwelt die vom Eise verlassenen Gebiete
erobert hatte, konnte auch er in diese einziehen. So erweiterten sich
die Grenzen der bewohnten Erde ganz allmählich nach Norden hin.
Die weiten Gebiete, die der europäischen Kulturwelt durch die Er-
oberer und Entdecker des Entdeckungszeitalters bekannt wurden, er-
wiesen sich alle als bereits bewohnt, wenn auch auf großen Flächen
nur sehr dünn, so daß also offenbar schon zu Beginn dieses‘ Zeitalters
die bewohnbare Landoberfläche im großen und ganzen im Besitze des
Menschen war. Freilich waren innerhalb dieses Wohnraums noch viel-
fach Lücken. Namentlich die höheren Teile vieler Gebirge und zahl-