86 6. Kapitel. Die Arten der Beschaffung und Verwendung,
jedenfalls in stark expansiven Erwerbszweigen, wie der
Elektrizitätsindustrie, ganz. anders zu beurteilen als in
stationären. Bei jenen wird sie um so weniger anfecht-
bar sein, wenn sie zur Einführung neuer Produktions-
zweige mit neuen Absatzgelegenheiten dient. Denn hier
steht der Geldvermehrung auch die Möglichkeit ver-
mehrter Bedarfsbefriedigung gegenüber. Wo aber
fremdes Kapital nur benutzt wird zur Rationalisie-
rung des Betriebes, also ohne eigentliche Ausdehnung
der Unternehmung, ist der volkswirtschaftliche Nutzen
der Heranziehung ausländischen Kapituls schon viel
fraglicher.
Es ist hier aber einer der Fälle, wo die rechnerische,
zahlenmäßige Betrachtungsweise, an die die heutige Na-
fionalökonomie immer denkt, unmöglich ist, weil man
auf Imponderabilien und schließlich psychische Mo-
mente kommt, die gegeneinander abzuwägen sind. Ich
habe schon oben betont, daß die Rationalisierung unter
den heufigen Verhältnissen in Deutschland vielfach zu
weit gegangen oder zu schnell erfolst ist, daß die be-
sonderen Verhältnisse Deutschlands mit seinen großen
Arbeitslosenmassen mehr auf arbeitsintensive Wirt-
schaff eingerichtet sind. Dieses Mißverhältnis ist neben
der Inflation offenbar eine Folge der Kriegstribute.
Daß es aber nicht durch Kapitalimport beseitigt werden
kann, soll. hier gezeigt werden.
Die Heranziehung von Auslandskapital ist also des-
wegen noch lange nicht gerechtfertigt, weil es billiger
zu haben ist, Der Umstand, daß es im Inland so knapp
isf, ist vielmehr ein Grund, neue Kapitalinvestierungen
sorgfältig zu überlegen, ihre Zwecke und Rentfabilitäts-
aussichten genau zu prüfen, Die Kapitaleinfuhr in einem
noch unentwickelten Lande, in dem man sie früher allein
beobachten konnte, ist eben ganz anders zu beurteilen
als heute in Deutschland. Dort kann sie den Unterneh-
mungsgeist anregen, die Wirtschaft „ankurbeln“. In
Deutschland ist aber gewissermaßen zuviel Unter-