Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

494 -VIL Kapitel, m 
verhältnisse“, des „Lokalbedarfes“, der „persönlichen Verläßlichkeit“ und 
„polizeilicher Gesichtspunkte“ zu der Überzeugung gelangt, daß durch 
die Ausstellung der Konzessionsurkunde der einen besonderen Kreis 
von Menschen betreffende Interessengesamtzustand verbessert wird. Die 
Konzessionswerbung ist also in solchem Falle ein „Gesuch“, da mit 
ihr darauf gezielt wird, im Beamten den Glauben zu wecken, daß er 
durch Ausstellung einer Konzessionsurkunde den besondere Seelen be- 
treffenden Interessengesamtzustand verbessern könne. Deshalb wird 
auch in diesen — und in vielen gleichen Fällen — gesagt, daß kein 
„Recht“ auf die Verleihung der Konzession bestehe, die Behörde viel- 
mehr nach „freiem Ermessen“ zu entscheiden habe — mit welcher Rede 
gemeint ist, daß man nicht die Macht (Befugnis) habe, die Verleihung 
einer Konzession durch Anspruch herbeizuführen. Eine „Konzessions- 
werbung“ stellt sich freilich insoferne als eine „zweifache“ Verhalten- 
Werbung dar, als sie zugleich ein „Anspruch“ darauf ist, daß über- 
haupt eine — sei es gewährende, sei es ablehnende — Entscheidung 
gefällt werde. In den Prozeßgesetzen und in der Prozeßlehre wird 
ferner — um noch ein ‘Beispiel heranzuziehen — von dem um Rechts- 
hilfe „ersuchten“ Richter gesprochen, welcher Sprachgebrauch aber nur 
in einer Zeit passend war, da bei Fehlen eines „gemeinsamen Ober- 
richters“ die Gewährung von Rechtshilfe nur „moralische Pflicht zur 
Steuer der Gerechtigkeit“, aber „keine Rechtspflicht“ war, während 
heute — wenigstens innerhalb eines besonderen Staates — die Werbung 
eines Richters um Rechtshilfe eines anderen Richters in Wahrheit kein 
„Ersuchen“ darstellt, sondern eine „Weisung“, durch welche eine Pflicht 
des anderen Richters begründet wird. 
„Gesuche“ sind entweder Werbungen um „Verhalten mit sittlicher 
Gesinnung“ oder Werbungen um .Erfüllungen einer durch Anspruch 
begründeten Pflicht des Adressaten, sich bei Gewinn besonderer Über- 
zeugung, die andere Seelen betreffende Interessengesamtzustände zum 
Gegenstande hat, in besonderer Weise zu verhalten, Durch Gesuche, 
welche auf besonderes Verhalten des Adressaten mit sittlicher Gesinnung 
gerichtet sind, wird niemals eine „Pflicht“ des Adressaten begründet, 
Man spricht sehr häufig von „sittlichen (ethischen) Ansprüchen“. Mit 
dieser ebenso beliebten wie unklaren Rede können aber vier verschie- 
dene Gegebene gemeint sein, nämlich entweder a) Gebote, durch 
welche eine sogenannte „sittliche Pflicht“ begründet wird, welche Mei- 
nung wir bereits abgelehnt haben, oder b) „Gesuche“ als Werbungen 
um „Verhalten mit sittlicher Gesinnung“, welche Werbungen aber eben 
nicht „Ansprüche“ sind, oder c) Ansprüche, welche selbst durch ein 
Wollen sittlicher Gesinnung des Ansprucherhebers bedingt sind, oder 
d) Ansprüche, in welchen behauptet wird, daß ein besonderes Sollen 
begründet wurde, kraft dessen die Enttäuschung des Anspruches „sitt-
	        
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