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verhältnisse“, des „Lokalbedarfes“, der „persönlichen Verläßlichkeit“ und
„polizeilicher Gesichtspunkte“ zu der Überzeugung gelangt, daß durch
die Ausstellung der Konzessionsurkunde der einen besonderen Kreis
von Menschen betreffende Interessengesamtzustand verbessert wird. Die
Konzessionswerbung ist also in solchem Falle ein „Gesuch“, da mit
ihr darauf gezielt wird, im Beamten den Glauben zu wecken, daß er
durch Ausstellung einer Konzessionsurkunde den besondere Seelen be-
treffenden Interessengesamtzustand verbessern könne. Deshalb wird
auch in diesen — und in vielen gleichen Fällen — gesagt, daß kein
„Recht“ auf die Verleihung der Konzession bestehe, die Behörde viel-
mehr nach „freiem Ermessen“ zu entscheiden habe — mit welcher Rede
gemeint ist, daß man nicht die Macht (Befugnis) habe, die Verleihung
einer Konzession durch Anspruch herbeizuführen. Eine „Konzessions-
werbung“ stellt sich freilich insoferne als eine „zweifache“ Verhalten-
Werbung dar, als sie zugleich ein „Anspruch“ darauf ist, daß über-
haupt eine — sei es gewährende, sei es ablehnende — Entscheidung
gefällt werde. In den Prozeßgesetzen und in der Prozeßlehre wird
ferner — um noch ein ‘Beispiel heranzuziehen — von dem um Rechts-
hilfe „ersuchten“ Richter gesprochen, welcher Sprachgebrauch aber nur
in einer Zeit passend war, da bei Fehlen eines „gemeinsamen Ober-
richters“ die Gewährung von Rechtshilfe nur „moralische Pflicht zur
Steuer der Gerechtigkeit“, aber „keine Rechtspflicht“ war, während
heute — wenigstens innerhalb eines besonderen Staates — die Werbung
eines Richters um Rechtshilfe eines anderen Richters in Wahrheit kein
„Ersuchen“ darstellt, sondern eine „Weisung“, durch welche eine Pflicht
des anderen Richters begründet wird.
„Gesuche“ sind entweder Werbungen um „Verhalten mit sittlicher
Gesinnung“ oder Werbungen um .Erfüllungen einer durch Anspruch
begründeten Pflicht des Adressaten, sich bei Gewinn besonderer Über-
zeugung, die andere Seelen betreffende Interessengesamtzustände zum
Gegenstande hat, in besonderer Weise zu verhalten, Durch Gesuche,
welche auf besonderes Verhalten des Adressaten mit sittlicher Gesinnung
gerichtet sind, wird niemals eine „Pflicht“ des Adressaten begründet,
Man spricht sehr häufig von „sittlichen (ethischen) Ansprüchen“. Mit
dieser ebenso beliebten wie unklaren Rede können aber vier verschie-
dene Gegebene gemeint sein, nämlich entweder a) Gebote, durch
welche eine sogenannte „sittliche Pflicht“ begründet wird, welche Mei-
nung wir bereits abgelehnt haben, oder b) „Gesuche“ als Werbungen
um „Verhalten mit sittlicher Gesinnung“, welche Werbungen aber eben
nicht „Ansprüche“ sind, oder c) Ansprüche, welche selbst durch ein
Wollen sittlicher Gesinnung des Ansprucherhebers bedingt sind, oder
d) Ansprüche, in welchen behauptet wird, daß ein besonderes Sollen
begründet wurde, kraft dessen die Enttäuschung des Anspruches „sitt-