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Mehrdeutigkeit, wie hinsichtlich zahlreicher anderer flott gebrauchter
Worte. Insbesondere wird das Wort „Gesetz“ auch noch im Sinne
eines „verfassungsmäßigen staatlich gemeinten Befehles“ und im Sinne
eines „Rechte und Rechtspflichten begründenden staatlich gemeinten
Befehles“ gebraucht. Die „Gesetzgebung“ wird aber nur als eine
besondere „Funktion des Staates“ betrachtet, neben welche man noch
die „Verwaltung“ und die „Rechtssprechung“ stellt, Mit dem
Worte „Staatsfunktion“ ist offenbar überhaupt besonderes „Han-
deln“, also besonderes Wirken auf Grund Wollens gemeint. Es frägt
sich nun aber, von wem jenes „Handeln“, das man als „Staatsfunktion“
bezeichnet, ausgesagt werden kann. Der „Staat“, ein besonderer „Zu-
stand“, kann, wie bereits gesagt wurde, weder „wollen“ noch „handeln“,
wohl aber selbstverständlich der „Inhaber einer Staatsmacht“. „Gesetz-
gebung“ als sogenannte „Staatsfunktion“ ist also offenbar nichts an-
deres als solcher „Befehl“, der ein „gültiger staatlich gemeinter Befehl“
ist, also ein „Staatsherrscherbefehl“. Hingegen kann man einen
„ungültigen staatlich gemeinten Befehl“ zwar als „staatlich gemeinte
Gesetzgebung“, aber insoferne nicht als „Staatsfunktion“ bezeichnen,
als ein „ungültiger staatlich gemeinter Befehl“ eben auf Grund des
irrigen Gedankens erteilt wurde, daß der Befehlgeber Inhaber einer
besonderen Staatsmacht sei, also auf Grund des irrigen Gedankens,
daß eine besondere Staatsmacht bestehe. Hat man aber das Gegebene
„Staat“ klar erkannt, so hat es keinen Sinn mehr, die „Gesetzgebung“
als besondere „Staatsfunktion“ herauszustellen, da „Staat“ stets eine
„künftig ausgeübte überlegene ursprüngliche Herrschermacht“ darstellt,
somit wesentlich eine „Macht, gültige Befehle zu erteilen“ einschließt,
Bezeichnet man die „Staatsgesetzgebung“ als „staatliches Handeln“,
so ist nichts anderes als „Handeln des Inhabers einer Staatsmacht auf
Grund seiner Staatsmacht“, also immer ein „Erteilen gültiger Be-
fehle“, ein „Herrschen“ gemeint, Indes wird als „staatliches Handeln“
auch noch das „staatliche Verwalten“ und das „staatliche Rechtsprechen“
bezeichnet, in welchen Redewendungen aber das Wort „staatliches
Handeln“ (= „Staatsfunktion“) einen anderen Sinn haben muß, als
wenn man von der „Gesetzgebung“ spricht. Das Wort „Verwalten“
sagt uns zunächst in diesem Zusammenhange nichts anderes, als daß
jemand „im Interesse eines Anderen handelt“, das Wort „Verwaltung“
sagt uns nichts anderes als „Ander-Sachwaltung“, somit „Inter-
esse-Vertretung“. Gewiß ist nun in vielen Fällen ein „Staats-
herrscher“ ein „Ander-Sachwalter“, da er „im Interesse der Untertanen“
handelt. Zum Wesen des „Staates“ gehört es freilich nicht, daß dem
Inhaber der Staatsmacht solches Allgemeines zugehört, das als grund-
legende Bedingung dafür in Betracht kommt, daß er bei Eintritt be-
sonderer Ereignisse ‚im Interesse Anderer“ Befehle. erteilt. und die Be-