IV. DIE WÄLDER DER ERDE UND IHRE HAUPTERZEUGNISSE 85
Das waldreichste Land des Nordens und Europas überhaupt ist
Finnland, dessen Wälder 65% der Staatsfläche und fast drei Viertel
74%) des trockenen Landes bedecken. Deshalb spielen auch Holz und
dessen allseitige Verwertung die erste Rolle im Wirtschaftsleben Finn-
lands. Im Jahre 1926 entfielen mehr als drei Viertel der Gesamt-
ausfuhr auf Holz und Holzprodukte (Holzstoff, Zellulose, Papier). Die
Ausfuhrhäfen liegen an der Mündung der die großen Seensysteme ent-
wässernden Flußläufe: im Süden Wiborg am Saimakanal, Kotka am
Kymmene, Björneborg am Kumo, im Norden Uleäiborg am Uleä.
Für die Staaten Mitteleuropas gilt die Regel, daß ihre Haupt-
waldgebiete in den Gebirgsländern gelegen sind. Das trifft auch
für Deutschland zu, das allerdings in den Dünen- und sandigen
Heidegebieten des nördlichen Tieflandes ebenfalls ausgedehnte Forsten,
namentlich Kiefernbestände, besitzt. Die Waldfläche des Deutschen
Reiches beträgt ein reichliches Viertel der Gesamtfläche (1913: 142000,
1927: rund 127300 qkm oder 26 %) und war bis zum Kriege langsam im
Wachsen. Sie unterliegt überall einer geregelten, forstwirtschaftlichen
Ausnutzung. An ihr ist der Nadelwald (Kiefern und Fichten) mit etwa
zwei Drittel, der Laubwald mit einem Drittel beteiligt. Der am häufig-
sten vertretene deutsche Waldbaum ist die Kiefer, Der Laubwald
namentlich Buchen, aber auch Eichen, Birken, Erlen usw.) herrscht
durchaus in den westlichen Gebieten Deutschlands vor. Die wald-
ärmsten Gebiete unseres Vaterlandes sind die nordwestdeutschen Küsten-
striche sowie die Halle-Leipziger Tieflandsbucht und das nördlich an-
schließende Gebiet der Magdeburger Börde, wo das ehemalige Waldland
ganz der Kultursteppe weichen mußte und nur noch in den Flußauen
größere Waldbestände von geringem: Nutzwert übrigblieben. Durch den
Versailler Vertrag verloren wir rund 10% unserer besten Waldgebiete.
Bei seiner dichten Bevölkerung und dem großen Holzbedarf, den Berg-
bau, Industrie, Verkehr (Eisenbahnschwellen, Holzpflaster) und Papier-
fabrikation mit sich bringen, muß Deutschland etwa ein Drittel seines
Bedarfes an Holz einführen.
Die eingeführten Mengen stammten vor dem Kriege zur Hälfte aus Ruß-
land, zu einem reichlichen Viertel aus Österreich-Ungarn. Gegenwärtig sind
ansere Hauptlieferanten Polen, Finnland und die Tschechoslowakei.
Der größte Holzlieferant Mitteleuropas war die alte Donau-
monarchie, deren österreichischer Teil 33%, deren ungarischer 27%
Waldland aufwies. Die Karpaten, die Randgebirge Böhmens und die
Alpenländer tragen ausgedehnte Waldbestände, die nunmehr den ein-
zelnen Nachfolgestaaten zugefallen sind. Die Tschechoslowakei erhielt
das reichste Erbe. Ihre Waldgebiete machen etwa 36% der gesamten
Fläche aus. Die Eichenwälder Kroatiens, Slawoniens!, Bosniens und
Rumäniens liefern „Faßholz“ für fast ganz Europa. Unter den Balkan-
staaten sind noch Bulgarien (28%) und Südslawien (29%) in ihren
Gebirgsländern waldreiche Staaten.
Waldarm ist Südeuropa wegen seiner Sommerdürre und infolge rück-
sichtsloser Waldvernichtung in früheren Zeiten. Nur verschwindend sind die
1 Die ausgedehnten Eichenbestände Kroatiens und Slawoniens bilden die Grundlage für die
große Schweinezucht dieser Länder.