Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

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IV, Kapitel. 
Behauptungs-Streben“. Ein „auf die eigene Seele zielendes Be- 
hauptungs-Streben“ liegt immer dann vor, wenn jemand behauptend 
darauf zielt, daß seine eigene Seele in einem späteren Augenblicke, in 
welchem ihr der gegenwärtig behauptete Gedanke nicht mehr zugehörig 
sein wird, den Gedanken an jenes frühere eigene Behauptungs-Wollen 
gewinne, wie wenn z. B. jemand in seiner Jugend ein Tagebuch führt, 
damit er im Alter wisse, was er selbst früher gedacht hat. Meist liegt 
jedoch ein „auf eine andere Seele zielendes Behauptungs-Streben“ vor, 
und wenn im folgenden von einem „Behauptungs-Streben“ die Rede 
ist, soll immer ein „auf andere Seele zielendes Behauptungs-Streben“ 
gemeint sein. 
Außer dem „auf eigene Behauptung zielendem Streben“ gibt es 
auch noch ein „auf eigene Behauptung ersetzende Behaup- 
tung zielendes Streben“, das wir kurz ein „Ersatz-Behaup- 
tungs-Streben“ nennen wollen. In jedem „Ersatz-Behauptungs- 
Streben“ wird auf eine Behauptung, und zwar entweder auf eine eigene 
Behauptung, oder auf eine Ander-Behauptung gezielt, damit der Adressat 
jener Behauptung durch den Behauptungs-Glauben den weiteren Glauben 
gewinne, jener Strebende habe ihm einen Gedanken zugehörig machen 
wollen, den er gegenüber jenem Adressaten nicht behauptend bezeichnet 
hat. In jedem „Ersatz-Behauptungs-Streben“ zielt also der Behauptende 
auf eine Behauptung, welche insoferne einen Ersatz für eine eigene Be- 
hauptung darstellt, als sie im Adressaten auch einen „Behauptungs- 
Glauben ersetzenden Glauben“ weckt. In jedem „Ersatz-Behaup- 
tungs-Streben“ wird auf eine Behauptung gezielt, welche eine eigene 
Behauptung ersetzt, das „Ersatz-Behauptungs-Streben“ ist aber entweder 
ein „auf (andere) eigene Behauptung ersetzende eigene Be- 
hauptung zielendes Streben“ oder ein „auf eigene Behaup- 
tung ersetzende Ander-Behauptung zielendes Streben“. 
Das „auf eigene Behauptung ersetzende eigene Behauptung zielende 
Streben“ ist wieder entweder ein „auf eingeschlossene Behaup- 
tung zielendes Behauptungs-Streben“, bzw. ein „auf quasi- 
eingeschlossene Behauptung zielendes Behauptun gS- 
Streben“, oder ein „auf Satz- bzw. Behauptungsübernahme 
zielendes Behauptungs-Streben“. „Auf eingeschlossene Be- 
hauptung zielendes Behauptungs-Streben“ nennen wir jedes Streben, 
in welchem jemand auf eine eigene Behauptung in der Absicht zielt, 
damit der Behauptungs-Adressat durch den Behauptungs-Glauben den 
weiteren Glauben gewinne, der Behauptende habe ihm den Gedanken 
zugehörig machen wollen, daß ihm (dem Behauptenden) noch ein anderer 
als der behauptete Gedanke, nämlich der „eingeschlossen behauptete 
Gedanke“ zugehöre. Sagt z. B. A zu B: „Es regnet“, so kann er 
die Absicht haben, dem B durch diese Worte zunächst den Glauhen zu
	        
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