Vergesellschaftung und Gesellschaft, 275
A. behauptet also in seinem Anspruche lediglich, daß mit der Kund-
gabe seines Wunsches eine den B betreffende Soll-Lage eingetreten
ist, während er dem B seinen Gedanken, die „Soll-Lage‘‘ trete erst
nach Empfang des Briefes durch den B ein, nicht bedeutet. A wird
dann auch „böse“, wenn B den A besucht, ohne das Buch zu bringen,
und zwar „böse‘‘, obwohl etwa B den Brief gar nicht empfangen hat,
woferne nicht A. vorher erfahren hat, sein Brief sei nicht angekommen.
B kann aber auch, wenn A bereits wegen Nicht-Erfüllung seines An-
spruches „böse“ geworden ist, dem A. mitteilen, daß der Brief gar
nicht angekommen sei und dadurch bewirken, daß der auf Grund seiner
früheren Soll-Lage verwirklichte, auf ihn bezogene Unwert — die Un-
lust des A — wieder entwirklicht wird. Diese Möglichkeit, durch
Nachweis, einen Anspruch nicht vernommen zu haben, einen auf Grund
der durch jenen Anspruch bewirkten Soll-Lage verwirklichten, eigen-
bezogenen Unwert wieder zu entwirklichen, darf aber keineswegs ver-
wechselt werden mit dem schon mit dem Anspruche erfolgenden Ein-
tritte einer Soll-Lage. In allen Fällen vielmehr behauptet der An-
sprucherheber, daß mit der erfolgten Behauptung seines „Eigen-Wunsch-
bzw. -Furcht-Gedankens‘“ eine den Anspruchadressaten betreffende Soll-
Lage eingetreten sei, und tritt, wenn der behauptete Gedanke wahr
ist, die Soll-Lage mit jener Behauptung ein. Als „Soll-Folge-Ver-
wirklichung‘“ bezeichnen wir die Verwirklichung jenes Unwertes,
dessen Möglichkeit der Ansprucherheber behauptet hat, kraft der von
ihm behaupteten Soll-Lage. Jene besondere Seele, deren Wissen um
einen erhobenen Anspruch als grundlegende Bedingung für die „Soll-
Folge-Verwirklichung‘“‘ in Betracht kommt, nennen wir den „An-
Sprucherfüllungs-Wahrer‘“ und jenes ihm zugehörige Wissen die
„Als grundlegende Bedingung mit der Soll-Folge-Verwirk-
lichung zusammengehörige Erfahrung“. Hingegen nennen wir
„Als wirkende Bedingung mit der Soll-Folge-Verwirklichung
Zusammengehörige Erfahrung‘‘ das Wissen des Ansprucherfüllungs-
Wahrers, daß ein besonderer Anspruch nicht erfüllt wurde.
Wir haben uns aber nunmehr noch mit jener weitverbreiteten,
man kann fast sagen, allgemein anerkannten Lehre zu beschäftigen,
Welche das Gegebene „Anspruch“ als „Norm“ und das Gegebene
„Anspruch erheben“ als „Norm setzen“ betrachtet, Bereits in früherem
Zusammenhange haben wir darauf verwiesen, daß das Wort „Norm“
Mehrdeutig ist, und haben „Norm“ als „Richtlinie“ bestimmt,
also als „identische begründete Richtung erfolgreichen tätigen Wir-
kens“, Jede „Richtlinie“ („Norm“) ist also eine besondere „iden-
tisch begründete Wirkenszusammengehörigkeit“, in welcher besonderes
identisches Wollen als „identische wirkende Bedingung“ mit der Er-
füllung des in jenem Wollen Gewollten zusammengehört. Die be-
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