Die Besonderheiten der Vergesellschaftungs-Werbungs-Seelenaugenblicke usw. 417
Bittende zielt also schließlich auf einen besonderen Verhalten-Seelen-
augenblick des Adressaten, in welchem er jenes Verhalten, um welches
gebeten wurde, als Wider-Mittel in Beziehung zu einer Wirkung weiß,
in welcher der Bittende Erfahrung besonderen Verhaltens des Adressaten
und Unlust an diesem Verhalten gewinnen würde.
„Gebetenen‘“ nennen wir den Adressaten einer „Bitte“, „Bitte-
Empfänger“ nennen wir den Gebetenen, sobald ihm ein „Bitte-
Glaube‘ zugehörig geworden ist, d. h. der Glaube, daß an ihn eine
besondere Bitte gerichtet wurde, „Bitte-Pflicht-Gläubigen“‘“ nennen
wir den Gebetenen, sobald ihm jener „Eigen-Pflicht-Glaube‘“ zugehörig
geworden ist, auf welchen der Bittende gezielt hat. „Bitte-Erfül-
lungs-Seelenaugenblick“oder,,Willfährigkeits-Seelenaugen-
blick“ nennen wir jenen Verhalten-Seelenaugenblick, in welchem jemand
eine Bitte erfüllt, „Bitte erfüllen“ oder „willfährig sein‘ nennen
wir das solchem Verhalten-Seelenaugenblicke gegebene „eigene gegen-
wärtige Verhalten“, „Bitteerfüller‘“ oder „Willfährigen‘ nennen
wir jede Seele, welcher ein solcher Seelenaugenblick zugehört, In
jedem „Willfährigkeits-Seelenaugenblicke‘‘ ist Gewinn besonderer Un-
lust des Bittenden durch dessen besondere Erfahrung als ‚,Wider-Ziel‘““
gewußt. Die durch eine Bitte begründete Pflicht nennen wir eine
„Willfährigkeits-Pflicht‘“, der Bittende behauptet also einen
„Ander-Willfährigkeits-Pflicht - Gedanken‘, jedem Will-
fährigem gehört ein „Eigen-Willfährigkeits-Pflicht-Gedanke‘“
zu. Jene Wirkung, in welcher jemandem kraft eines Bitte-Wollens
anderer Seele ein ‚‚Willfährigkeits-Seelenaugenblick‘“ zugehörig wird,
nennen wir eine „Bitte-Geltung“ oder eine „Willfährigkeits-
Vergesellschaftung“, jene Beziehung zweier Seelen, welche da-
durch begründet ist, daß der einen Seele ein „Bitte-Seelenaugenblick‘‘,
der anderen Seele hingegen ein entsprechender ‚,Willfährigkeits-Seelen-
augenblick‘“ zugehört, nennen wir eine „Willfährigkeits- Gesell-
Schaft“. Eine „Bitte“ darf nicht mit einem „Antrage‘, insbesondere
nicht mit einem „Ersuchen‘“ verwechselt werden. Während nämlich
mit jeder Bitte darauf gezielt wird, daß dem Adressaten ein besonderer
Verhalten-Seelenaugenblick zugehörig wird, in welchem ihm Gewinn
besonderer Unlust des Bittenden durch dessen Erfahrung besonderen
Verhaltens des Adressaten als Wider-Ziel vorschwebt, also ein Ver-
halten-Seelenaugenblick, der bedingt ist durch besonderes „Eigen-Pflicht-
Bewußtsein‘ des Adressaten, wird mit einem Antrage niemals auf einen
Verhalten-Seelenaugenblick des Adressaten gezielt. in dem ihm solches
Wider-Ziel vorschwebt.
Ein „Gebot“ ist jener Anspruch, in welchem der Anspruch-
erheber behauptet, die gegenwärtig noch ungewisse Erfahrung besonderer
Seele, der Anspruchadressat habe den eben behaupteten Wunsch ent-
Sander, Allg. Gesellschaftslehre. 27