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geradezu als ein Zeichen tiefgründiger Forschung. Einer besonderen
Vorliebe für dieses Verfahren begegnen wir bei den meisten
Marxisten, die sich dabei mit Recht auf ihre Meister berufen
können. So läßt sich Friedrich Engels über diesen Punkt einmal
wie folgt aus®': Die Beweggründe der handelnden Personen sind nur
von geringer Bedeutung. Es fragt sich vielmehr, „welche treibenden
Kräfte wieder hinter diesen Beweggründen stehen, welche geschicht-
lichen Ursachen (!) es sind, die sich in den Köpfen der Handelnden
zu solchen Beweggründen umformen‘. Diese Frage habe sich der
alte Materialismus nie vorgelegt, „weil er die dort (in der Geschichte)
wirksamen ideellen Triebkräfte als letzte Ursachen hinnimmt, statt
zu untersuchen, was denn hinter ihnen steht, was die Triebkräfte
dieser Triebkräfte sind‘ (1). ;
Das ist ein ganz unhaltbarer Standpunkt. Gegen die von Engels vor-
getragene Ansicht läßt sich zunächst einwenden, daß sie — auch
wenn die geforderte Zurückverfolgung der „Ursachen‘“ des Ge-
schehens grundsätzlich zulässig wäre — praktisch unlösbare Aufgaben
stellen würde, Denn die Zurückführung würde ja den regressus in
infinitum bedeuten, da sich an keiner Stelle der Ursachenreihe mit
irgendwelchem Anspruch auf Richtigkeit erweisen ließe, daß es sich
nun um „Jletzte‘‘ Ursachen handele. Aber das Zurückgehen hinter
menschliche Motive ist grundsätzlich unstatthaft. Wir würden
damit auf verstehende. Erkenntnis überhaupt verzichten. Diese steht
und fällt mit dem Grundsatz: daß „letzte“ Ursachen in allem Kultur-
geschehen menschliche Motive sind. Dieser Grundsatz, können wir
also auch sagen, ist ein Apriori jeder Kulturwissenschaft. Und
zwar — wie ich hinzufügen. will — sind die Motive Motive aus
Freiheit.
Die Annahme der Willensfreiheit bedeutet in diesem Zusammen-
hange kein ontologisches (metaphysisches), sondern ein logisches
(„transzendentales‘‘) Urteil. Sie allein macht Kulturwissenschaft mög-
lich (und es bleibt dem einzelnen überlassen, ob er sie als Fiktion
oder als Realität auffassen will). Ohne diese Annahme verfallen wir
der Metaphysik: der guten, wenn wir etwa im menschlichen Willen
” Friedrich Engels, Ludwig Feuerbach. 2. Aufl. 3894. S. Ah.