II. Überblick über das Fabriksparwesen.
Von Dr. Altenrath, Charlottenburg.
Als gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts die Spar
kassen mehr und mehr an Ausdehnung und Bedeutung,
gewannen, wandten sich angesehene Zeitungen in Eng
land und Deutschland, u. a. auch die „Times“ gegen eine
Förderung dieser Bestrebungen. Man machte den Spar
kassen zum Vorwürfe, daß sie die Ansprüche der Einleger
vermehren, ohne daß die gemachten Ersparnisse groß
genug wären, dieselben aus ihrer bisherigen Lage heraus
zureißen; daß sie den Individualismus befördern, indem
sie die Bande von Schuldner und Gläubiger lockern und
auflösen, daß sie den Kredit drücken und die Kapitalien
von nützlichen Unternehmungen zurückhalten; endlich,,
daß sie unnütz seien, solange man den ärmeren Volks
klassen zuvor nicht die Möglichkeit gebe, überhaupt Er
sparnisse zu machen. Diesen mehr im kapitalistischen
Geiste gemachten Einwendungen gesellten sich die Ver
treter des ehernen Lohngesetzes; Lassalle sprach von
dem äußerst untergeordneten und kaum der Rede werten
Nutzen der Sparkassen, und auf einer internationalen
Versammlung in Marseille wurde jeder sparende Arbeiter
zum Verräter gestempelt. Noch in neuerer Zeit ist eine
hervorragende Spareinrichtung in Lüdenscheid von dieser
Seite aufs heftigste und mit Erfolg bekämpft worden. Der
dort für jugendliche Fabrikarbeiter in den 80er Jahren
gegründeten Sparkasse flössen noch im Jahre 1889 aus
49 Fabriken der Stadt alle 14 Tage von 1320 Sparern,
fast ausschließlich im Alter von 14 bis 18 Jahren, nam
hafte Spareinlagen unmittelbar nach den Löhnen zu, die
a m 1. April 1900 31627 dt betrugen. Infolge einer
lebhaften Agitation von sozialdemokratischer Seite, die
vor allem die Bestimmungen hinsichtlich der Rückzahlung
als einen unberechtigten Eingriff in das Selbstbestim