Full text: Material zur Lage der Bergarbeiter während des Weltkrieges

fangen gehaltene Russen zur. Arbeit eingestellt seien und als- 
Lohn täglich für 1,80 Mk. Waren aus der Kantine entnehmen 
könnten; etwas Geld bekäiuen die Leute auch.) 
Die deutsche Braunkohlenindustrie hat in dem letzten Jahr 
zehnt einen ungeahnten Aufschwung genommen. Die meisten 
Braunkohlenwerke erzielen sehr gute Ueberschüsse. Dividenden 
von 10 bis 12 Prozent und höher sind fast die Regel. Auch die 
N i e d e r l a u s i tz e r Braunkohlenwerke, zu welchen die 
Grube Bertha gehört, erzielten in den letzten drei Jahren 
Dividenden in Höhe von 12 und 14 Prozent. Der Reingewinn 
in den letzten drei Jahren betrug 1878 000 Mk., 2184 000 Mk. 
und 2 302 000 Mk. Die Belegschaft von 2500 Mann erarbeitete 
im letzten Jahre dem Werke einen Reingewinn von 920,80 Mk. 
pro Mann. Die Tantieme der Vorstands- und Anfsichtsrats- 
mitglieder betrug in den letzten drei Jahren 155 200 Mk., 
198 000 Mk. und 158 400 Mk. Jeder Arbeiter trug also jährlich 
60,33, 63,62 und 79.02 Mk. zu der gezahlten Tantieme bei. Wir 
sind der Meinung, solche Werke könnten bedeutend bessere Löhne 
zahlen. Sie würden dann auch Arbeiter genug bekommen Da 
bei ist das genannte Werk etwa nicht eines derjenigen, welche die 
höchsten Dividenden zahlen. O nein! Andere Werke erzielen 
wahre Riesengewinne. So zahlte das im selben Revier liegende 
Werk Eintracht in Neu-Welzow in den letzten drei Jahren 
eine Dividende von je 27 Prozent. Die Grube Ilse zahlte 
in denselben Jahren 24, 24 und 26 Prozent. Die Braunkohlen 
werke A u g u st e und Sou i s e bei Bitterfeld erzielten bis 
her meist 18, 20 und 22 Prozent Dividende. Die Braun- 
s ch w e i g e r B r a u n k o h l e n w e r k e erzielten in den letzten 
beiden Jahren 12 und 14 Prozent Dividende. Das Braun 
kohlenwerk K a r o l i n e bei Offleben zahlte mehrere Jahre sogar 
30 Prozent Dividende. Die Prehlitzer B r a u n kohl e n - 
Werke bei Meuselwitz zahlten 1911 und 1912 je 15 Prozent 
Dividende, die Grube Ernst bei Meuselwitz zahlte 1911 23ssi, 
1912 25 Prozent Dividende und V e r e i n s g l ü ck bei Meusel 
witz im Jahre 1912 eine Dividende von 56 Prozent, für die 
Vorzugsaktien sogar 60 Prozent. Wir könnten diese Liste 
noch fortsetzen, glauben aber, damit schon den Beweis erbracht 
zu haben, daß die Herren der Braunkohlenindustrie viel höhere 
Löhne zahlen könnten, wenn sie nur wollten. 
Freilich, mit den Löhnen sieht es trotz längerer Arbeitszeit 
tieftrnurig aus. Die in der Eingabe genannten Kalibergwerke, 
soweit sie im Oberbergamtsbezirk Halle liegen, zahlten ini Jahre 
1913 laut amtlicher Lohnstntistik einen Durchschnittslohn von 
nur 4,21 Mk., im Oberbergamtsbezirk Clausthal 4,36 Mk, pro 
Schicht. Hingegen die Braunkohlenindustrie des Oberberg-
	        
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